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Trennung trotz Kind: Diese Fehler würde Bloggerin Christine Finke („Mama arbeitet“) heute nicht mehr machen

Titelbild von Trennung trotz Kind: Diese Fehler würde Bloggerin Christine Finke („Mama arbeitet“) heute nicht mehr machen

Profilbild von Anne Connelly

Anne Connelly

27. Oktober 2020

Die Autorin Christine Finke berichtet auf ihrem erfolgreichen Blog „Mama arbeitet“ von den Schwierigkeiten alleinerziehender Mütter.

herMoney hat sie verraten, in welche Fallen viele Frauen während der Scheidung tappen und was sie unbedingt beachten sollten, um nicht unter die Armutsgrenze zu rutschen.

Anne Connelly: Du hast eine erfolgreiche Karriere im Verlagswesen hinter dir und betreibst heute deinen eigenen Blog “Mama arbeitet”. Kürzlich hast du für dein Engagement in der Kommunalpolitik den Helene-Weber-Preis gewonnen. Wie war das für dich? Was machst du mit den 1.000 Euro Preisgeld?

Christine Finke: Die Auszeichnung war eine große Ehre für mich. Der Preis wird einmal pro Legislaturperiode an 15 Frauen vergeben, die eine Vorbildfunktion haben und sich für andere einsetzen. Das Preisgeld darf ich ausgeben, um etwas zu tun, das Frauen „empowert“. Ich bin noch am Überlegen, was ich mit dem Geld mache.

Laut dem Statistischen Bundesamt gibt es 2,2 Millionen alleinerziehende Mütter in Deutschland, aber nur 407.000 alleinerziehende Väter. Ich finde es erschreckend, dass immer noch die Frauen zu großen Teilen die Last der Erziehung tragen. Wie kommst du als Alleinerziehende in deinem Alltag klar?

Alleinerziehend zu sein, ist eine Dauerbelastung. Ich sorge seit 11 Jahren alleine für die Kinder und hatte ursprünglich natürlich andere Pläne. Zwar habe ich vor der Hochzeit mit meinem Partner darüber geredet, was ist, wenn es nicht ewig gut geht. Wir hatten vereinbart, dass wir uns dann beide um die Kinder kümmern. Aber das hatte mein Mann vergessen, als ich mich von ihm trennte. Er konnte oder wollte nicht für seine Kinder sorgen – nicht mal am Wochenende. Deshalb war ich ganz alleine mit allem. Das ist auf Dauer natürlich sehr anstrengend. Meine Kinder waren klein, als ich mich trennte. Das kleinste Kind, meine autistische Tochter, war 11 Monate alt.

Obwohl ich die ersten Jahre Unterhalt bekommen habe, war es finanziell schwierig. Das Geld reichte hinten und vorne nicht. Kinder sind einfach teuer, wenn ich das so salopp sagen darf. Alleinerziehende haben es außerdem schwer auf dem Arbeitsmarkt. Gerade für mich als hochqualifizierte Frau war das sehr frustrierend, weil ich noch viel erreichen wollte! Ich war vorher in einer Führungsposition und habe betriebsbedingt zwei Jahre nach der Trennung meinen Job verloren. Auf einmal brach alles weg. Das war bitter, weil mir mein Job viel gegeben hat. Ganz abgesehen von dem Geld, was natürlich ein mehr als willkommener Nebeneffekt war.

Da ist ja auch ein Lebenstraum geplatzt.

Schon. Ich war eine Karrierefrau. Und dachte nach der Kündigung: Dann schreibe ich eben alleine! So kam ich zum Bloggen. 2011 habe ich angefangen, einen Monat, nachdem ich meinen Job verloren hatte. Damit wollte ich keine neue Karriere starten, sondern ich wollte einfach etwas tun, was mir sinnvoll erschien und mir Spaß machte. Mit der Zeit wurde der Blog „Mama arbeitet“ immer größer. Aber ich verdiene damit kein Geld – ganz absichtlich nicht. Es ist ein rein persönlicher Blog, mittlerweile auch mit politischen Inhalten.

Viele Leserinnen können sich mit den Texten identifizieren oder finden sie interessant, selbst wenn sie nicht alleinerziehend sind. Was ich super finde, denn ich will ja nicht nur die erreichen, die sich mit dem Thema schon auskennen, sondern auch etwas verändern.

Wie viele Frauen lesen deinen Blog „Mama arbeitet“?

Ich nutze keine Statistiken, weil ich den Blog nur aus Vergnügen betreibe. Vor drei Jahren, als die SZ groß über mich berichtete, waren es 100.000 Leserinnen im Monat. Wahrscheinlich sind es jetzt weniger, weil ich nicht auf Suchmaschinenoptimierung achte. Aber zu meinen Lesern gehören viele Politiker, Journalisten und Entscheidungsträger. Das ist sehr wertvoll.

Das ist wirklich ehrenwert! Aber du musst doch von irgendetwas leben?

Das tue ich auch und mittlerweile gar nicht mehr so schlecht. Mein Einkommen stammt aus mehreren Quellen. Ich bekomme Pflegegeld für die Betreuung meiner autistischen Tochter. Dazu gehören auch Rentenpunkte – ganz wichtig. Zusammen mit dem Unterhaltsvorschuss komme ich gut klar. Seit ein paar Jahren zahlt mein Ex nicht mehr, weil er spontan verarmt ist. Kommt ja manchmal vor bei Selbstständigen. Das kennen viele Alleinerziehende: Die Unterhaltspflichtigen richten es so ein, dass sie nicht mehr zahlen können.

Was hättest du damals aus heutiger Sicht machen sollen, um besser aufgestellt zu sein?

Ich habe immer Vollzeit gearbeitet, wo es ging – das habe ich schon mal richtig gemacht. Aber es war sicher ein Fehler, kostenlos in der Firma meines Ex-Mannes mitzuarbeiten. Das fiese an der ganzen Sache war, dass die Kinder gespürt haben: „Dem Papa bin ich gar nichts wert.“ Mit dem Geld kommt man schon irgendwie klar, aber die emotionale Komponente sollte man nicht unterschätzen.

Viele Frauen sagen ja, wenn sie glücklich in ihrer Beziehung sind: „Das macht er nicht.“ Aber er macht es dann doch!

Ich habe dasselbe gedacht. Man kann sich sehr irren und Menschen verändern sich auch. Gerade wenn eine Frau ihren Mann verlässt, kämpfen die Männer oft sehr hart ums Geld. Sie haben dann das Gefühl, verloren zu haben, und wollen die Ex-Frau und die Kinder manchmal sogar bestrafen.

Du hast auch ums Geld gekämpft. Welche weiteren Einnahmequellen hast du dir erschlossen?

Den Großteil meines Einkommens beziehe ich durch meine Tätigkeit als Autorin. Ich schreibe zwei Kolumnen und bekomme auch eine Aufwandsentschädigung für meine Tätigkeit im Stadtrand. Es ist sehr beruhigend, mehrere Standbeine zu haben.

Toll, dass du das so gemeistert hast. Kleine Korrektur: Du warst nicht eine Karrierefrau, du bist immer noch eine! Ich finde es sehr bewundernswert, wie du mit all den Schicksalsschlägen umgehst. Das ist nicht selbstverständlich. Andere haben gar nicht die Motivation, zu sagen: „Dann mache ich eben etwas anderes.“

Danke, ich werde schon ganz rot …

Zu einem anderen Thema: Statistisch gesehen werden die meisten Ehen nach 26 Jahren geschieden. Ich finde es sehr mutig, dass du dich getrennt hast, als deine Kinder sehr klein waren. Werden Trennungen aus deiner Sicht zu lange herausgezögert?

Ich denke schon. Ganz oft höre ich: „Man darf sich nicht sofort trennen, das gab es ja früher auch nicht.“ Das sehe ich ganz anders. Ich glaube, dass gerade Frauen viel zu lange in Beziehungen bleiben, die nicht mehr gut für sie sind. Darunter leiden auch die Kinder. Es gibt mehrere Gründe, zu bleiben: Man möchte, dass der Lebenstraum „Familie“ funktioniert. Oder sorgt sich ums Geld. Ich habe mal gelesen, dass sich Paare mit Kindern oft trennen, wenn das Kind etwa vier Jahre alt ist. Andere fragen sich erst, wenn die Kinder ausgezogen sind: „Was verbindet uns eigentlich noch?“ Häufig sind es die Frauen, die die Scheidung einreichen. Es ist bezeichnend, dass Männer in einer Partnerschaft länger leben, während die Lebenserwartung von Frauen in einer Beziehung eher abnimmt. Das muss sich jede Frau wirklich gut überlegen. Aber ich bin auch blauäugig in die Ehe geschlittert.


Soll ich oder soll ich nicht?
Pro- und Contra-Argumente fürs Heiraten

 


Es wäre gut, wenn die Kinder in der Schule lernen, was eine Eheschließung eigentlich bedeutet. Mir war überhaupt nicht klar, welche Konsequenzen eine Ehe aus finanzieller Sicht für mich hat.

Wir stellen bei unseren Events immer häufiger fest, dass sich immer mehr Frauen für diese Themen interessieren. Manche lassen sich vorab von Rechtsanwälten beraten. Aber mit Eheverträgen tun sich die meisten dann doch schwer.

Ich hatte auch keinen. Aber mir hätte das auch nicht genützt, denn bei Selbstständigen ist das immer so eine Sache. Ich musste bei der Scheidung sogar die Rentenpunkte, die ich während der Ehe angesammelt hatte, mit meinem Ex teilen. Denn er hatte als Selbstständiger nicht vorgesorgt. Darüber hatte ich überhaupt nicht nachgedacht, als ich noch verheiratet war. Es hat mich dann so kolossal geärgert, weil ich immens draufgezahlt habe. Nach der Scheidung war mein Rentenbescheid auf die Hälfte reduziert und lag bei rund 300 Euro im Monat.

Das wäre mir nicht passiert, wenn ich besser aufgeklärt gewesen wäre. Aber ich hatte keine Zeit, mich mit solchen Fragen zu beschäftigen. Kinder, Job und Haushalt haben mich sehr in Beschlag genommen. Aber sich die Zeit trotzdem nicht zu nehmen, war ein großer Fehler.

Also deine Empfehlung ist: Nicht nur Augen auf bei der Partnerwahl, sondern bitte auch vorab informieren, was die Ehe bedeutet?

Unbedingt. Das gehört zum Basiswissen jeder Frau.

Nach einer Trennung stürmt so viele auf frau ein. Sie muss sich um alles Mögliche kümmern und ganz nebenbei die Trennung verarbeiten. Viele geben dann zu schnell nach und holen rechtlich gesehen nicht das Beste für sich heraus. Was rätst du Frauen in dieser Situation?

Macht euch klar, dass ihr die Weichen für den Rest eures Lebens stellt. Dabei geht es nicht nur um euch selbst, sondern auch um eure Kinder. Es ist super wichtig, sich sofort vom Anwalt beraten zu lassen. Selbst Paare, die sich bei der Trennung noch halbwegs gut verstehen, haben Probleme, sobald es um Geld geht. Was ich damals nicht wusste: Ich hätte mich auch vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter beraten lassen können. Es gibt außerdem Facebook-Gruppen, Mütterinitiativen und Co. Mach dich möglichst umfassend schlau, um das Familieneinkommen zu sichern.

Alleinerziehende Frauen sind auf einmal für Geld, Erziehung und Haushalt zuständig. Wenn sie sich dann noch einen Rosenkrieg liefern, ist es schwer, über Wasser zu bleiben. Das ist auch für die Kinder sehr problematisch. Geld ist Sicherheit. Wenn die Kinder merken, dass sie sich im Schwimmbad kein Eis mehr kaufen können und sich Mama ständig Sorgen macht, leidet das Familienleben.

Mein Rat: Wenn du merkst, dass deine Beziehung auseinander geht, mach dir am besten schon vorab Gedanken, wie du heil aus der Nummer herauskommst! Und zwar ohne mit deinen Kindern in der Armutsfalle zu landen. Bitte nicht klein beigeben, Unterhaltstitel besorgen und alles unter Dach und Fach bringen!


Du willst dich scheiden lassen?
Nicht ohne Trennungsvereinbarung!

 


Bei einer Scheidung kommt frau wirklich an ihre Grenzen.

Ja. Häufig löst sich dann auch der Freundeskreis auf, so dass man keinen Ansprechpartner mehr hat. Deshalb ist es so wichtig, sich Unterstützung zu holen. Mir hat es sehr geholfen, mir online Gleichgesinnte zu suchen.

Wenn sich eine Frau trennen möchte, auf welche finanziellen Aspekte sollte sie sich konzentrieren?

Das Allerwichtigste ist der Unterhalt, auch wenn nur jede vierte Alleinerziehende den ihr zustehenden Mindestunterhalt bekommt. Klappt das nicht, beantragt zumindest den Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt. Leider ist er deutlich niedriger als der Mindestunterhalt, weil das gesamte Kindergeld abgezogen wird.

Wichtig ist auch, möglichst berufstätig zu bleiben und die Besuchszeiten zu regeln. Wohnen die Kinder eine Woche beim Papa und eine Woche bei der Mama? Bedenkt dabei: Wenn der Vater sich auch um die Kinder kümmert, fließen keine Unterhaltszahlungen. Oft führt das Wechselmodell (eine Woche hier, eine da) zur Verarmung. Es ist sowohl für die Eltern als auch für die Kinder besser, wenn mehr Stabilität da ist. Denn ohne gute finanzielle Basis ist es schwer, gut für seine Kinder zu sorgen.

Viele Männer sind versiert in diesen Fragen und schlagen Modelle vor, die für Frauen ungünstig sind. Wenn das Kind am Wochenende beim Papa ist, muss er weniger Unterhalt zahlen. Das ist vielen Frauen nicht klar.

Männer können sich auch oft bessere Anwälte leisten und schlagen mehr für sich heraus. So war das bei mir auch. Beistandschaften vom Jugendamt, die man engagieren kann, um das Geld einzutreiben, haben weder die Qualifikation noch die Zeit eines Fachanwalts.

Am besten ist es natürlich, man führt eine gleichberechtigte Ehe. Beide kümmern sich um die Kinder und gehen arbeiten. Dann hat man hinterher auch nicht so große Schwierigkeiten.

Einige Frauen werden von der Trennung überrascht. Sie haben vielleicht zwei Kinder, nur einen Minijob und müssen plötzlich ausziehen. Was tut der deutsche Staat, um solche Frauen aufzufangen?

Viele wissen gar nicht, wohin sie sich wenden können. Wenn Wohnungslosigkeit droht, ist die Stadt verpflichtet, eine Wohnung zuzuweisen. Das kann zwar auch eine Obdachlosenunterkunft sein, aber meist kommt es nicht so schlimm. Ich erhielt damals auch noch eine Eigenbedarfskündigung, als ich meinen Job verlor. Dann bin ich zur Wohnungsbaugesellschaft gegangen und habe einen Notstand angemeldet – das hat geholfen. Wichtig ist, in so einem Fall vorzusprechen und alle nötigen Unterlagen parat zu haben. Wohngeld habe ich auch bekommen, was sehr viel ausgemacht hat. Die Beantragung ist sehr aufwendig, etwa so wie ein Harzt-IV-Antrag, aber sie lohnt sich!

Man kann auch einen Kinderzuschlag bekommen und in die Steuerklasse II wechseln, auch wenn Letzteres nur eine minimale Entlastung ist. Denkt auch an die Versicherungen. Angenommen, du behältst das Auto, aber dein Mann hatte die Kfz-Versicherung bezahlt und kündigt sie, ohne Bescheid zu geben. Wenn du dann einen Unfall hast, musst du die ganzen Kosten alleine tragen!

Auch wichtig: 90 Prozent der Getrenntlebenden haben das gemeinsame Sorgerecht. Hier kann die Frau nicht alleine entscheiden, in welchen Kindergarten das Kind gehen soll. Wenn der Mann darauf besteht, dass es ein Waldorfkindergarten sein soll, kann die Frau nur noch halbtags arbeiten und muss alles neu organisieren.

Viele sehen mögliche Probleme nicht und schöpfen ihre Ansprüche nicht aus, weil sie sich nicht auskennen. Deshalb wäre es gut, wenn es eine zentrale Beratungsstelle gäbe. Aktuell hilft der Verein für alleinerziehende Mütter und Väter weiter. In meinem Buch „Allein, alleiner, alleinerziehend“ gibt es auch eine Checkliste.

Welche Weichen kann die Politik stellen, um Alleinerziehende mehr zu unterstützen?

Die Politik kann sehr viel tun. Sie sollte die Rahmenbedingungen schaffen, damit jede Familie gut leben kann. Alleinerziehende sollten nicht länger steuerlich benachteiligt sein. Aktuell werden wir fast wie Singles besteuert. Der Entlastungsbetrag ist zwar für zwei Jahre angehoben worden, aber hier sollte man nachlegen.

Die Schlupflöcher beim Unterhalt zu stopfen, wird kaum möglich sein. Eine gute Idee ist aber die Kindergrundsicherung. Das wäre eine zuverlässige Methode, die Armut zu reduzieren. Gutscheine für haushaltsnahe Dienstleistungen sind auch eine tolle Sache. Eine Idee wäre auch, Mediationen zu bezahlen. Es gibt so viele Ansätze und zum Glück auch parteiübergreifend Frauen, die Handlungsbedarf sehen. Viele sind der Meinung: „So kann es nicht bleiben!“

Zum Weiterlesen: Wie viel Mütterrente du später bekommst und wie du Kinderbetreuungskosten von der Steuer absetzen kannst.

Bild: © Anna Glad

 

Profilbild von Anne Connelly

Anne Connelly

Anne Connelly ist die Gründerin von herMoney und eine Pionierin und Top-Managerin der Investmentfondsbranche. Sie wundert sich bis heute, warum sich so wenige Frauen aktiv um ihre Finanzen kümmern und möchte das mit herMoney ändern.