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Nach der Scheidung: Wollen Frauen nur Geld?

Titelbild von Nach der Scheidung: Wollen Frauen nur Geld?

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Birgit Wetjen

Autorin

16. August 2018

Unsere Kolumne handelt von Geldgeschichten, die wir Frauen erleben. Ein Gespräch mit und über Frauen, die ihren Mann stehen.

Manch ein Mann hat eine einfache Sicht auf die Welt. Frauen? Wollen immer nur das EINE! Ihnen gehe es immer und ausschließlich ums Geld. Eine Bekannte hat einen neuen Freund? Dann hat der „bestimmt Kohle“! Kennen Sie das? Schlimmer noch wird es nach einer Scheidung. Jeder Kerl kennt dann die Freundin einer Nachbarin eines Bekannten, die ihren Gatten „ausgepresst“ hat. Motto: Der Arme zahlt fleißig Unterhalt und sie macht sich nun mit ihrem neuen Typen ein feines Leben! Klingt echt böse, aber ob es der Wahrheit entspricht? Vielleicht hatte er sie ja sitzen lassen – und nun hat sie in Love-Affaires schlicht ein besseres Händchen? Und vielleicht zahlt er ja nur deshalb Unterhalt, weil seine Ex – der Familie zu Liebe – auf Karriere verzichtet hat?

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Wollen Frauen immer nur Geld?

Anyway, über doofe Sprüche rege ich mich schon längst nicht mehr auf. Aber vielleicht ist ja etwas Wahres dran? Ich selbst habe kein Geld von wem auch immer bekommen, nie für mich und seit mehr als 15 Jahren nicht für meinen (unseren) Sohn. Mein Ex, unser Sohn und ich – wir verstehen uns blind. Ums Geld gestritten haben wir nie. Liegt es daran, dass mein Ex stets nur sehr wenig verdient hat? Ich überlege, wie es bei meinen Freundinnen aussieht und beginne, meinen „geschiedenen“ Freundeskreis nach Abzockerinnen zu screenen. Unterhalt? Bekommt Ulrike nach ihrem Ehe-Aus nicht. Im Gegenteil. Sie muss die Rentenpunkte teilen, die sie als Ärztin im Krankenhaus gesammelt hat. Dabei hat sie nach der Geburt der Kinder zunächst pausiert und ist dann nur halbtags wieder eingestiegen. Denn eigentlich war ihr Ex der Hauptverdiener, aber nach der Trennung wies sein Beratungsunternehmen plötzlich hohe Schulden aus. Nachtigall, ich hör Dir trapsen!

Und Anna? Ein paar Jahre lang gab es Geld vom Ex, für sie und ihre beiden Söhne. Dafür hat sie im Gegenzug auf Rentenausgleich und Zugewinn verzichtet. Geldgierig? Nicht wirklich. Eher schön doof! Denn ich erinnere mich noch sehr genau, wie sie Stefan den Rücken freigehalten und ihm damit die Karriere ermöglicht hat. Er verdient sich heute dumm und dusselig, sie kommt mehr schlecht als recht über die Runden. Den Verzicht auf die Rentenpunkte holt sie nie wieder auf.

Noch schlechter steht Gudrun heute da. Sie hat drei Kinder groß gezogen und sich dann entschlossen, ihren Mann zu verlassen. Das ist schon ein paar Tage her, heute ist Gudrun fast 80. Damals fühlte sie sich „schuldig“ und wollte den verlassenen Ex nicht noch zusätzlich durch Unterhaltsforderungen belasten. Als Erzieherin fand sie nach der Trennung schnell einen Job, aber aufgrund der wenigen Beitragsjahre kann sie heute als Rentnerin keine großen Sprünge machen.

„Eine Wohnung kann ich mir nicht leisten!“

Und dann ist da noch Katinka. Katinka und Klaus waren 25 Jahre lang ein Paar, 18 davon verheiratet. Das Aus kam nicht überraschend, schon seit Jahren hatten sie nur noch nebeneinander her gelebt. Aber wie es oft so ist: Erst als sich Katinka neu verliebte, wagte sie den Absprung. „Eine eigene Wohnung kann ich mir gar nicht leisten“, beklagte sie sich. Sie hatte nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes eine Pause eingelegt und nach ein paar Jahren mit einem Teilzeit-Job begonnen. Heute bleiben ihr 1.200 Euro netto für einen Fulltime-Job als Mädchen für alles in einem Büro. „Vergiss es, damit in München eine eigene Wohnung zu finanzieren“, stöhnt sie ins Telefon. Also zog sie zu ihrem neuen Freund  – in seine kleine Wohnung vor den Toren der Stadt. Wenig Platz, weite Wege – Katinka jammert ohne Ende. „Nicht mal einen Urlaub kann ich mir mehr leisten!“ Mein Mitleid für sie hält sich jedoch in Grenzen.

„Hör mir damit auf!“

Ihr Ex verdient zwar nicht besonders viel in seinem Job, aber er ist sehr vermögend. Mehr als 20 Wohnungen gehören ihm und bescheren ihm Monat für Monat hübsche Einnahmen. Anspruch auf die Wohnungen hat Katinka nicht, Klaus hat sie von seinem Vater geerbt. Aber sehr wohl hat sie Anspruch auf die Hälfte des Zugewinns. Das heißt, von jedem Euro, den die Immobilien seit der Hochzeit im Wert gestiegen sind, stehen ihr 50 Cents zu. In München sind die Immobilienpreise bekanntlich in den vergangenen 20 Jahren regelrecht explodiert – die Hälfte der Wertsteigerung macht schon ein anständiges Vermögen. Aber Katinka will davon nichts wissen. Vom Wert der Immobilien macht sie sich keinen Begriff. Im Gegenteil: Klaus habe für Dacharbeiten viel investieren müssen! Klar, denke ich bei mir und rechne ihr vor, was vergleichbare Wohnungen in München kosten und wie viel Miete Klaus Monat für Monat kassiert. Und wie stark die Investitionen die Steuerlast von Klaus reduzieren. „Hör mir damit auf“, sagt Katinka, fast schon ärgerlich. „Ich gehöre nicht zu diesen Frauen, die ihre Männer ausnehmen wollen.“ Klaus, mit dem sie sich nach wie vor gut versteht, wird das zu schätzen wissen!

Katinka hat gute Chancen, im Alter finanziell nicht über die Runden zu kommen. Vielleicht wird sie staatliche Unterstützung beantragen müssen, vielleicht wird dann auch ihr Sohn zur Kasse gebeten. Ich muss grinsen: Zu diesen Frauen gehöre ich nicht!

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Birgit Wetjen

Autorin

Birgit Wetjen ist Volkswirtin, Finanzjournalistin und Buchautorin. Sie ist überzeugt: Geldanlage ist nicht weiblich oder männlich – aber Frauen haben Berührungsängste und gehen anders an Geldthemen ran.