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Achtung, Gender Pension Gap! Frauen erhalten 26 % weniger Rente als Männer

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Anke Dembowski

Autorin

26. September 2022

Wegzuschauen hilft nicht. Fakt ist: Uns Frauen droht eine größere Rentenlücke als Männern. So hebelst du den Gender Pension Gap aus.

Inhaltsverzeichnis:

Der Gender Pension Gap und seine Bedeutung für uns Frauen
Drei Erkenntnisse
> Nr. 1: Erst ab 35 Jahren tut sich die Gender Pension Gap auf
> Nr. 2: Den Gender Pension Gap gibt’s in jeder Berufsgruppe
> Nr. 3: Kinder vergrößern die geschlechtsspezifische Rentenlücke
Zwei Gefahren
> Nr. 1: Das Problem ist heute noch nicht direkt sichtbar
> Nr. 2: Aus dem Pay Gap entsteht automatisch der Gender Pension Gap!
Drei Lösungen
> Nr. 1: Sich die Rentenberechnung bewusst machen
> Nr. 2: Offen die Arbeitsteilung und die Kompensation besprechen
> Nr. 3: Den Gender Pension Gap schließen – je früher desto leichter!
herMoney-Tipp 

Wir wissen es längst. Und doch brauchen wir immer wieder einen Anschubser, um endlich in die Gänge zu kommen. Frauen-Renten sind niedriger als die für Männer und selbst bei Männern tut sich eine Rentenlücke auf. Fakt ist: Wir müssen etwas tun, um die Lücke auszugleichen, sonst stehen wir am Ende unseres Lebens als arme alte Frau da – kein schöner Gedanke!

Wie groß deine Rentenlücke einmal sein kann, kannst du mit unserem Rechner ausrechnen:

Was logisch klingt, beherzigen wir am Ende oft doch nicht und tun erst mal nichts. Da ist es gut, dass es immer wieder Studien gibt, die uns auf das Thema stoßen und uns hoffentlich heute motivieren, endlich doch etwas zu tun. Denn je früher wir anfangen, desto weniger müssen wir aufwenden.

Der Gender Pension Gap und seine Bedeutung für uns Frauen

Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, kurz OECD, können Frauen, die heute arbeiten, später 46 Prozent weniger als Männer an Rente erwarten. Die Lücke bei der gesetzlichen Rente – also ohne private Rücklagen – liegt zwischen Männern und Frauen immer noch bei ganzen 26 Prozent.

In absoluten Zahlen bedeutet das: Wenn eine Frau mit 67 Jahren in den Ruhestand geht, hat sie nach heutiger Berechnung monatlich 140 Euro weniger gesetzliche Rente als ein Mann – zumindest aus eigener Rente. Bezieht diese Frau ab dem Beginn des Ruhestands 15 Jahre lang Rente, fehlen ihr demnach rund 25.000 Euro. Weiter unten zeigen wir auf, wie man diesen Fehl-Betrag relativ leicht zusammenbekommt. Aber erst einmal zur Faktenlage.

Nicht nur die OECD, auch die Fondsgesellschaft Fidelity hat eine Studie zum Gender Pension Gap angestoßen.

Die wissenschaftliche Studie „The Gender Pension Gap in Germany“ wurde von Prof. Alexandra Niessen-Ruenzi, Universität Mannheim, und Prof. Christoph Schneider, Tilburg University, durchgeführt. Sie basiert auf der Analyse einer großen Datenmenge und ist damit eine der umfangreicheren Studien zu diesem Thema.

Die beiden Forschenden haben die gesetzlichen Rentenansprüche von über 1,8 Millionen deutschen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen berechnet und dazu die Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) herangezogen. „Wir konnten hier mit guter Datenqualität arbeiten, weil es echte Verdienst-Daten und keine Umfragedaten sind, bei denen es unterschiedliche Wahrnehmungen geben kann“, erklärt Professorin Niessen-Ruenzi beim Pressegespräch zur Vorstellung der Studie. Die Rentenansprüche haben die beiden Forschenden dann selbst aus den tatsächlichen Verdienst-Zahlen berechnet.

Drei Erkenntnisse

Erkenntnis Nr. 1: Erst ab 35 Jahren tut sich Gender Pension Gap auf

Bis zum Alter von 35 Jahren gibt es kaum Unterschiede bei den erwarteten Rentenansprüchen von Frauen und Männern. So beträgt die geschlechtsspezifische Rentenlücke bei den 26- bis 35-Jährigen nahezu 0 Prozent. Erst ab etwa 35 Jahren öffnet sich die Schere.

Nach diesem Alter erwerben Männer deutlich mehr Rentenpunkte als Frauen und können folglich später auch eine höhere Rente erwarten. In der Altersgruppe der 36- bis 45-Jährigen liegt die geschlechtsspezifische Rentenlücke schon bei 15 Prozent und bei den 46- bis 55-Jährigen sogar bei 27 Prozent.

Prof. Niessen-Ruenzi erklärt, welchen Grund sie für den Gender Pension Gap in Deutschland vermutet: „Der wahrscheinlichste Grund für diese Entwicklung ist, dass viele Paare in den Dreißigern eine Familie gründen. Da Frauen häufiger als Männer nach der Geburt eines Kindes ihre Arbeitszeit reduzieren, beginnt sich das geschlechtsspezifische Lohngefällte genau in dieser Altersgruppe zu entwickeln. Mit drastischen Folgen für die Finanzen von Frauen und ihre spätere Rente. In der Literatur hat sich hierfür der Begriff ‚Motherhood Penalty‘ durchgesetzt.“

Erkenntnis Nr. 2: Den Gender Pension Gap gibt’s in jeder Berufsgruppe

Wenn du denkst, dass Frauen und Männer in Ihrer Berufsgruppe gleich verdienen, irrst du höchstwahrscheinlich. Der Gender Pension Gap existiert deutschlandweit in jeder Berufsgruppe– bei der Unternehmensberaterin genauso wie bei der Verkäuferin, erklärt Prof. Niessen-Ruenzi. Gerade in der Unternehmensberatung sei das Einkommen stark abhängig von langen Arbeitszeiten. Eine Unternehmensberaterin, die Kinder habe und daher nicht mehr als 40 Stunden pro Woche arbeiten wolle, erfahre daher durchaus beträchtliche Einkommenseinbußen, so die Professorin.

Erkenntnis Nr. 3: Kinder vergrößern die geschlechtsspezifische Rentenlücke

Das dürfte die meisten von uns nicht wirklich verwundern: Sobald eine Frau Kinder hat, vergrößert sich der Pension Gap. Dass der Gender Pension Gap bei Frauen mit Kindern besonders hoch ist, zeigt die folgende Grafik mit Szenarien aus der Studie:

Zwei Gefahren

Gefahr Nr. 1: Das Problem ist heute noch nicht direkt sichtbar

Gefahr Nummer 1 ist, dass Frauen heute oft zu wenig über ihre Altersvorsorge nachdenken und entsprechend agieren, weil sich die Lebenswirklichkeit vieler jetziger Rentnerinnen nämlich positiver darstellt als in der Studie.

Heute leben viele ältere Frauen letzten Endes nicht nur von der selbst erworbenen Rente, sondern auch von Witwen-Rente und sonstigen Hinterbliebenen-Versorgungen. Witwen- und Witwer-Renten sind in die Studie nicht mit eingeflossen, ebenso wenig wie Betriebsrenten, Beamtenversorgungen und private Vorsorge. Mütter-Renten hingegen schon.

Weil das Gesamt-Versorgungsniveau vieler heutiger Rentnerinnen (und damit auch vieler Witwen) relativ hoch ist, ergibt sich die Gefahr, dass Frauen heute das Problem unterschätzen, das auf sie zukommt: Anders als die heutige Rentner-Generation heiraten heute viele Paare nicht, so dass auch keine gesetzlichen Witwenrenten-Ansprüche entstehen. Und wer möchte schon aus dem Grund heiraten, später einmal versorgt zu sein?

Gefahr Nr. 2: Aus dem Pay Gap entsteht automatisch der Gender Pension Gap!

Es gibt viele gute Gründe dafür, dass Frauen zu Gunsten der Familie beruflich kürzertreten. Die damit verbundenen Einkommenseinbuße nehmen sie mehr oder minder bewusst hin. Nicht bewusst ist vielen dabei aber, dass aus dem heute niedrigen Einkommen später auch eine niedrigere Rente entsteht. Aber dann ist es für viele zu spät gegenzusteuern.

Die Gründe für den sogenannten Gender Pay Gap sind vielschichtig:

  • Frauen wählen oft soziale Berufe, die geringere Verdienst-Aussichten bieten.
  • Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit als Männer.
  • Frauen können schlechter Gehälter verhandeln. „Gerade wenn wir uns im außertariflichen Bereich befinden, ist der Pay-Gap besonders groß“, beobachtet Prof. Niessen-Ruenzi.
  • Frauen bewerben sich seltener um Führungspositionen.

Auch nett gemeinte soziale „Geschenke“ aus früheren Zeiten, wie die kostenlose Mitversicherung in der Krankenversicherung, das Ehegatten-Splitting oder unterschiedliche Lohnsteuer-Klassen halten viele Frauen davon ab, nach der Familienpause beruflich wieder (voll) einzusteigen. Oft herrscht das Gefühl vor „das lohnt sich eh nicht!“. Als Reaktion weichen viele Frauen eben doch auf einen 450-Euro-Job aus und sehen sich als „Hinzuverdienerin“. Aber genau das schafft Abhängigkeiten!

Heute leben nicht nur viele Paare ohne Trauschein zusammen. Auch der Prozentsatz der Ehen, die geschieden werden, ist heute relativ hoch. Im Jahr 2021 betrug er etwa 40 Prozent – mehr als jede dritte Ehe wird also geschieden. Während das Unterhaltsrecht 2008 geändert wurde, blieb das Prinzip für die Berechnung der gesetzlichen Rente wie bisher. Aber viele Frauen schaffen weiter vor sich hin, als wäre nichts geschehen, und fangen sich auf diese Weise unbewusst Nachteile ein.

Nicht alle Frauen haben auf dem Schirm, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Gender Pay Gap und dem Pension Gap gibt. Das heißt: Weniger Verdienst heute bedeutet weniger Rente morgen. Frauen müssen sich den direkten Zusammenhang aber bewusst machen, um am Ende ihres Arbeitslebens nicht unvorbereitet in eine missliche Versorgungssituation zu geraten.

Drei Lösungen

Lösung Nr. 1: Sich die Rentenberechnung bewusst machen

Wir müssen uns bewusst machen, dass sich die Entscheidung, beruflich kürzer zu treten, auch auf die spätere Rente auswirkt. Die Höhe des Einkommens bestimmte die Höhe der gesetzlichen Rente, erklärt die Prof. Niessen-Ruenzi und fährt fort: „Mütter unterbrechen ihre Karriere nach der Geburt eins Kindes häufiger als Männer und reduzieren entsprechend ihre Arbeitszeiten. Das als solches ist nicht erstaunlich. Aber: Das Einkommen gleicht sich dann nie mehr an kinderlose Frauen an.“ Genau das geht aus den Szenarien aus der Studie hervor, die oben abgebildet wurden.

Lösung Nr. 2: Offen die Arbeitsteilung und die Kompensation besprechen

Bei vielen Paaren ist es selbstverständlich, dass sich die Frau mehr um das soziale Umfeld, die Pflege von Angehörigen und den Haushalt kümmert. Diskutiert wird das nicht. Aber es ist wichtig, die Aufteilung der anfallenden Aufgaben anzusprechen. Denn nur dann lässt sich auch der damit einhergehende Verdienst-Ausfall ermitteln. Hat man den Verdienst-Ausfall und die daraus resultierende Verringerung der Rente grob berechnet, lässt sich über eine Kompensation sprechen. Wie die Kompensation aussehen kann, kannst du entweder selbst berechnen (über den Daumen, Punktlandungen gibt es hier nicht!) oder du lässt dich beraten.

Lösung Nr. 3: Den Gender Pension Gap schließen – je früher desto leichter!

So viel müssen Frauen dafür gar nicht zur Seite legen. Zumindest nicht, wenn sie beizeiten damit anfangen. Die Fidelity-Studie zeigt, dass eine Frau, die mit 67 Jahren in den Ruhestand geht, nach heutiger Berechnung im Schnitt 140 Euro weniger gesetzliche Rente erhält als ein Mann. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Frau noch 15 Jahre Rente bezieht, fehlen ihr rund 25.000 Euro. Diese Lücke gilt es zu schließen.

Wieviel man dafür aufbringen muss? Eine 35-jährige Frau müsste bei einer erwarteten Rendite von 3 Prozent und einer jährlichen Inflationsrate von 1,5 Prozent 64 Euro jeden Monat zurücklegen. Bei einer erwarteten Rendite von 5 Prozent reduziert sich der monatliche Vorsorgebetrag auf 45 Euro. Bei einer dauerhaft höheren Inflationsrate, wie wir es aktuell erleben, oder niedrigeren Rendite muss sie jeden Monat natürlich entsprechend mehr Geld beiseitelegen.

Und kann sie sich erst mit 50 Jahren zum Abschluss eines Fonds-Sparplans oder einer ETF-Anlage entscheiden, muss sie etwa doppelt so viel aufbringen, nämlich 124 Euro (bei 3 % Rendite) bzw. 105 Euro (bei 5 % Rendite), um am Ende auf den Betrag von 25.000 Euro zu kommen. Der Grund: Wer mehr Zeit hat, kann den Zinseszins-Effekt für sich arbeiten lassen.

Du kannst mit unserem Zinseszins-Rechner übrigens auch selbst ausrechnen, wie hoch deine Sparrate für einen bestimmten Endbetrag und bei einer bestimmten Inflationsrate sein muss:

herMoney-Tipp

Wegschauen hilft nicht weiter, sondern nur aktives Angehen der Rentenlücke. Es ist wichtig, über die eigenefinanzielle Situation heute und auch im Rentenalter nachzudenken. Selbst wenn du am Ende doch eine Super-Rente beziehst, weil sich deine Verdienst-Situation oder die persönliche Situation geändert hat: Das Vermögen aus dem Sparplan gehört dir und wird dir immer ein willkommenes Polster für Extra-Wünsche sein. Fang möglichst früh an, damit die Beträge, die du aufwenden musst, erträglich sind!

Zum Weiterlesen: Mehr Ideen für die Rente erfährst du in unserem Übersichtsartikel zum Thema “Altersvorsorge für Frauen“.

 

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Anke Dembowski

Autorin

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Geschäftsführerin des Netzwerks „Fondsfrauen".