Rente: Warum die Auszahlung einer Direktversicherung oft niedriger ist als gedacht
26. Januar 2022
Du möchtest deine Rente aufbessern? Wir erklären, wann eine Direktversicherung sinnvoll sein kann und wo die Fallstricke liegen.
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Du gehörst einem der „verkammerten“ Berufe an und möchtest wissen, wie deine Altersvorsorge funktioniert? Wir erklären es dir!
Bei berufsständischen Versorgungswerken handelt es sich um die erste Säule der Versorgung für FreiberuflerInnen. Es geht um Versorgungsleistungen für Alter, Invalidität und im Todesfall.
Versorgungswerke sind jeweils pro Bundesland und für bestimmte Freiberufler-Gruppen wie ÄrztInnen und SteuerberaterInnen organisiert.
Die Renten aus den berufsständischen Versorgungswerken sind höher als aus der GRV und liegen im Schnitt um die 2.500 bis 2.800 Euro pro Monat. Der Beitragssatz beträgt – wie für die GRV auch – 18,6 %. (Stand 2025)
Es handelt sich dabei um Organisationen, die jeweils für die Renten einer bestimmten Berufsgruppe verantwortlich sind. Dabei geht es um Renten fürs Alter, bei Invalidität und im Todesfall. Organisiert sind sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts.
Beispiele für berufsständische Versorgungseinrichtungen sind:
Der ABV veröffentlicht auf seiner Website eine Übersicht seiner Mitgliedseinrichtungen nach Berufsständen beziehungsweise Bundesländern. Die aktuellen Listen der berufsständischen Versorgungseinrichtungen findest du hier sortiert nach Bundesländern und Berufsständen.
Bei berufsständischen Versorgungswerken handelt es sich um die erste Säule der Altersversorgung. Sie ersetzen also die Zahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung. Entsprechend zahlen sie nicht nur Altersrenten, sondern auch Witwen- und Witwerrenten, Waisenrenten sowie Berufsunfähigkeitsrenten.
In der sogenannten „zweiten Säule“ gibt es die betriebliche Altersversorgung und schließlich in der „dritten Säule“ die ergänzende Alterssicherung, beispielsweise mit Riester-Verträgen oder der individuellen Höherversicherung in den Versorgungswerken.
Es gibt andere Versorgungswerke, die nicht die spezifischen Kriterien für die verkammerten Berufe erfüllen. Deutsche Versorgungswerke sind Selbsthilfeeinrichtungen und kümmern sich nicht nur um Versicherungsthemen, sondern beraten beispielsweise auch Azubis rund um Vorsorge und Absicherung.
Organisiert sind die berufsständischen Versorgungseinrichtungen jeweils pro Bundesland für bestimmte Freiberufler-Gruppen und zwar separat für:
Man spricht hier von „verkammerten“ Berufen, weil es jeweils eine Berufskammer gibt (z. B. Ärztekammer, Steuerberaterkammer, Architektenkammer etc.) gibt.
Inzwischen haben die Versorgungswerke in Deutschland mehr als eine Million Mitglieder. Die mitgliederstärksten Berufsgruppen sind ÄrztInnen und RechtsanwältInnen beziehungsweise NotarInnen. Bei den medizinischen Berufen gibt es übrigens mehr Frauen als Männer.
„Uns gibt es eigentlich nur, weil Freiberufler aus der gesetzlichen Rentenversicherung rausgeworfen wurden. Man fand, dass das Risiko zu groß sei, um von der Gemeinschaft getragen zu werden. Der entsprechende parlamentarische Beschluss fiel am 21. Januar 1957“, erklärt Dirck Smolka. Er ist Vorsitzender des Verwaltungsrats beim Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein (VZN) in Düsseldorf und fährt fort: „Unser Versorgungswerk wurde kurz darauf, am 1. April 1957 gegründet“. Ausgerechnet ein 1. April!
Einige Versorgungswerke sind sogar deutlich älter als das Versorgungswerk der Zahnärztekammer Nordrhein. Beispielsweise die Bayerische Versicherungskammer (BVK), die sich schon seit über 100 Jahren (unter anderem) um die berufsständische Versorgung der bayerischen Ärzte kümmert. Nach und nach kamen bei der BVK weitere Berufsgruppen hinzu, so dass die Bayerische Versicherungskammer heute die Geschäfte von zwölf berufsständischen und kommunalen Altersversorgungseinrichtungen führt.
Andere Versorgungswerke – zum Beispiel die in den neuen Bundesländern – sind deutlich jünger und kümmern sich im Regelfall nur um eine einzige Berufsgruppe.
Die gesetzliche Rentenversicherung funktioniert nach dem Umlageverfahren. Dabei werden die gerade eingezahlten Beträge im selben Monat als Rentenauszahlung an die aktuellen RentnerInnen weitergereicht. Im Gegensatz dazu sind berufsständische Versorgungswerke zu großen Teilen kapitalgedeckt. Die EinzahlerInnen bauen also einen Kapitalstock auf, der vom jeweiligen Versorgungswerk eigenverantwortlich verwaltet wird. Das Kapital und die Renditen daraus werden dann für die Zahlungen an die aktuellen RentnerInnen verwendet.
Das ist wichtig: Die Rentenzahlungen finanzieren sich allein aus den Mitgliedsbeiträgen und Erträgen aus dem von ihnen angelegten Vermögen. Öffentliche Zuschüsse aus Bundes- oder Landesmitteln erhalten Versorgungswerke nicht, auch nicht für nicht beitragsgedeckte Leistungen wie Kindererziehungszeiten. Dahingegen betrug der Bundeszuschuss für die GRV im Jahr 2023 stolze 89,2 Milliarden Euro (23 Prozent des Haushalts der Deutschen Rentenversicherung Bund).
Weil Versorgungswerke kapitalbildend sind, spielen die Kapitalmärkte für sie eine wichtige Rolle. Insbesondere hat die bis 2022 andauernde Niedrigzinsphase den Rententrägern zu schaffen gemacht. „Das war schon eine enorme Herausforderung“, blickt Axel Uttenreuther auf diese Zeit zurück. Er ist Vorstandsvorsitzender der Bayerischen Versorgungskammer (BVK) in München.
Traditionell sind Versorgungswerke stärker in Realwerten investiert als beispielsweise Lebensversicherer. Daher ist ihre Rendite höher. Während Aktien und Beteiligungen im Schnitt über alle 91 berufsständischen Versorgungswerke rund 34 Prozent ausmachen, liegt der Immobilien-Anteil bei circa 19 Prozent.
Das ist deutlich höher als bei den Lebensversicherern. Laut dem Rating-Unternehmen Assekurata lag bei ihnen der Aktien- und der Immobilienanteil jeweils bei 4 %. 12 % hatten die Assekuranz-Unternehmen in Beteiligungen, aber der Großteil (78 %) liegt in festverzinslichen Wertpapieren. Entsprechend niedrig (aber immerhin zuverlässig) sind die Renditen von Lebensversicherungen.
Der Alterssicherungsbericht 2024 zeigt auf, wie hoch die Renten aus den einzelnen Systemen sind. Zwar sind inzwischen alle Renten zu versteuern, aber die Abzüge für Kranken- und Pflegeversicherung unterscheiden sich im Detail. Daher sind die Zahlbeträge aus den einzelnen Renten- und Versorgungssystemen nicht ganz miteinander vergleichbar. Aber sie geben immerhin einen guten Anhaltspunkt bezüglich dem, was du erwarten darfst.
Der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag für Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) beträgt für Männer 1.338 und für Frauen 900 Euro. Im Schnitt sind es 1.093 Euro (Stand 2024). Dagegen sind die Renten aus den berufsständischen Versorgungswerken deutlich höher und liegen um die 2.500 bis 2.800 Euro pro Monat.
Die berufsständische Versorgung ist also relativ hoch. Hier handelt es sich überwiegend um akademische Berufe, in denen gut verdient wird, so dass nicht nur die Renten relativ hoch sind, sondern auch die einbezahlten Beiträge.
Der Beitrag, den Freiberuflerinnen zahlen müssen, orientiert sich bei den meisten Versorgungseinrichtungen an den Sätzen für die gesetzliche Rentenversicherung. So sieht es das Sozialgesetzbuch vor (§ 157 SGB VI).
2025 beträgt der Beitragssatz für die Rentenversicherung 18,6 %, wobei die Beitragsbemessungsgrenze aktuell bei 96.600 Euro jährlich beziehungsweise 8.050 Euro monatlich liegt. Für darüber liegende Arbeitseinkommen fallen also keine weiteren Beiträge an. Damit beträgt der monatliche Höchstbeitrag für die gesetzliche Rentenversicherung aktuell 1.497,30 Euro (8.050 Euro x 18,6 %).
Bist du in einem der verkammerten Berufe angestellt, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dir einen Zuschuss für die Altersvorsorge zu zahlen. Der Arbeitgeberanteil für die berufsständische Versorgungseinrichtung beträgt maximal 50 Prozent des Pflichtbeitrags, der in der gesetzlichen Rentenversicherung anfallen würde (§ 172 a SGB VI).
Deine Beiträge kannst du in deiner Steuererklärung als Sonderausgaben geltend machen. Dazu trägst du deine geleisteten Beiträge in deiner Einkommensteuererklärung im Mantelbogen auf Seite 3 ein.
Interessant ist, dass FreiberuflerInnen im Schnitt länger leben als der Bevölkerungsdurchschnitt. Laut Angaben der Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen in den Jahren 2002/04 allgemein 84,1 Jahre, während sie für Freiberuflerinnen bei 87,1 Jahren liegt. Bei Männern lag die allgemeine Lebenserwartung 2002/04 bei 80 Jahren, während sie für freiberuflich schaffende Männer bei 83,9 Jahren lag.
Daher erhalten FreiberuflerInnen durchschnittlich länger Renten als die allgemeine Bevölkerung. Diesen Umstand berücksichtigen die berufsständischen Versorgungswerke natürlich bei ihren Kalkulationen.
Im Regelfall sind Versorgungswerke keine freiwillige Alternative zur gesetzlichen Rentenversicherung, sondern meistens die Pflichtversicherung für die Mitglieder der verkammerten Berufe.
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht im Versorgungswerk kann über das jeweils zuständige Versorgungswerk beantragt werden. Bei einem bereits bestehenden Beschäftigungsverhältnis ist die Frist des § 6 Abs. 4 SGB VI zu beachten.
Das Portal „Für Gründer“ schreibt dazu: „Einige Angestellte aus bestimmten Berufsständen, wie zum Beispiel angestellte Rechtsanwälte oder angestellte Architekten, können sich von der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, um nicht gleichzeitig in den beiden Versicherungssystemen, also in der berufsständischen Versorgung und der gesetzlichen Rentenversicherung, versichert zu sein.“
Die meisten entscheiden sich für das Versorgungswerk, denn das Versorgungsniveau ist relativ hoch und weitgehend geschützt vor rechtlichen Zugriffen, weil die Systeme autark und ohne staatliche Subventionen funktionieren. Das Portal „Für Gründer“ erklärt dazu: „Angestellte können sich zugunsten des Versorgungswerks von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreien lassen, wenn neben der Pflichtmitgliedschaft im Versorgungswerk auch eine Pflichtmitgliedschaft zur Kammer bereits vor dem 1. Januar 1995 bestand.“ In einem berufsständischen Versorgungswerk zu sein, ist also im Regelfall eine gute Sache!
Was den Regelrentenbeginn betrifft, orientieren sich mittlerweile fast alle Versorgungswerke an der gesetzlichen Rentenversicherung. Entsprechend gibt es für FreiberuflerInnen mit 65 Jahren keine Renten mehr ohne Abschläge.
Aktuell gibt es in Deutschland 91 berufsständische Versorgungswerke, deren Kapitalanlagen-Bestand insgesamt bei ca. 295 Milliarden Euro lag (Stand 2024). Ein Verband – die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV) – kümmert sich um die Belange der Versorgungswerke. Dazu zählen insbesondere regulatorische Anforderungen und das Risikomanagement.
Beispielsweise hat der ABV den ABV-Leitfaden entwickelt, in dem es um die Kapitalanlage und das Risiko-Management geht. Wichtig ist dem ABV beispielsweise, dass Versorgungswerke nicht über einen Kamm geschoren werden mit Pensionskassen, bei denen es um Betriebsrenten geht. Hier beruht die Beitragszahlung auf freiwilligen Leistungen der Arbeitgeber (2. Säule), während die Versorgungswerte auf Beiträgen von Versicherten und ihren Arbeitgebern beruht (1. Säule).
Weil Versorgungswerte pro Bundesland verantwortlich sind, liegt die Aufsicht bei den Bundesländern und nicht bei der bundesweit tätigen BaFin. Die Aufsicht kann beim Landesministerium für Finanzen, für Arbeit oder einem anderen passenden Landes-Ministerium angesiedelt sein. Die Landes-Aufsicht prüft beispielsweise, ob die Organisation professionell funktioniert, bei der Kapitalanlage die jeweiligen Anlagerichtlinien eingehalten werden und Nachhaltigkeitsaspekte entsprechend der jeweils gültigen Vorgaben berücksichtigt werden.
Als besonders fortschrittlich werden die Versorgungswerke und die Landesaufsicht in Nordrhein-Westfalen (NRW) angesehen. Nicht von ungefähr hat daher NRW den Vorsitz in der Landesaufsichtsbehördenkonferenz. „Viele andere Aufsichtsbehörden der Länder schauen schon mal hin, was in NRW passiert. Manche übernehmen deren Regeln, andere sehen es anders, aber NRW gilt als Leuchtturm“, erklärt Dr. Ulrich Krüger, der lange Jahre in der Geschäftsführung des ABV tätig war und seit Anfang 2025 im Ruhestand ist.
Auch Pflichtmitgliedern in berufsständischen Versorgungswerken könnte eine Rentenlücke drohen – zum Beispiel Frauen, die aufgrund von Teilzeitarbeit nur wenig eingezahlt haben. Hier kannst du deine Rentenlücke berechnen!
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