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Berufsunfähigkeit: Besser gut abgesichert!

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herMoney

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3. April 2018

Eine Berufsunfähigkeitsversicherung gilt unter Experten als Muss. Wer sich gut absichern will, sollte jedoch sorgfältig vorgehen.

Vielleicht ist es der anhaltende Stress, der die Nerven zerreibt. Oder der Rücken, der beim Sitzen schmerzt. Egal, welche Ursache: Irgendwann ist ans Arbeiten nicht mehr zu denken. Im Laufe des Berufslebens trifft dieses Schicksal laut Statistiken der Deutschen Rentenversicherung jeden vierten Arbeitnehmer.

Ob Krankheit oder Unfall: Wer nicht mehr in seinem Job arbeiten kann, ist heute einem größeren Risiko denn je ausgesetzt. „Die gesetzliche Absicherung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verschlechtert, oftmals reicht sie bei Weitem nicht aus, um den Lebensstandard zu sichern“, sagt Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale NRW. Wer nicht gerade ein Vermögen auf der hohen Kante hat und deshalb auf sein Arbeitseinkommen angewiesen ist, stehe im Fall einer Krankheit oder eines Unfalls schnell am Rande seiner Existenz.

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Gesetzlicher Schutz reicht nicht aus

Die sogenannte gesetzliche Erwerbsminderungsrente soll zwar im Ernstfall finanziell unterstützen, die Zahlen sind jedoch ernüchternd. Wer zum Beispiel 2.000 Euro brutto im Monat verdient, kann laut Verbraucherzentrale nur mit knapp 700 Euro monatlicher Rente rechnen – wenn sie überhaupt voll ausgezahlt wird. „Deshalb ist es für so gut wie alle Berufsgruppen und selbst für Studenten und viele Hausfrauen zu empfehlen, sich zusätzlich zu versichern“, sagt Weidenbach. Lediglich Beamte seien zum Teil bereits nach wenigen Jahren vernünftig abgesichert.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) gehört neben der privaten Haftpflicht zu den wichtigsten Versicherungen überhaupt. Das Prinzip: Wer krank wird oder einen Unfall hat und deshalb in seinem Beruf nicht mehr arbeiten kann, erhält von der Versicherung eine monatliche Rente. Die Höhe und der Zeitraum wird zuvor im Vertrag festgelegt. Der große Vorteil der BU gegenüber der gesetzlichen Absicherung: Sie zahlt in der Regel auch, wenn der Betroffene noch in einem anderen Job arbeiten könnte.

Mit einer BU sichern Sie sich langfristig ab – eine frühzeitige Kündigung oder ein Wechsel des Anbieters ist nicht zu empfehlen. Daher sollten Sie sich vor Vertragsabschluss gut informieren! „Die entscheidenden Fragen sind: Zu welchem Preis lässt sich meine Tätigkeit absichern und kann ich mir das leisten?“, sagt Verbraucherschützerin Elke Weidenbach. Auf welche Punkte kommt es sonst noch an? herMoney hat die wichtigsten Punkte in einer Checkliste zusammengefasst:

  1. Früh handeln! Je eher Sie eine BU abschließen, desto besser. Denn die Versicherer prüfen genau, welche Risiken sie übernehmen wollen. In jungen Jahren ist die Police günstiger, zudem haben Sie tendenziell weniger Vorerkrankungen, für die bei einem späteren Abschluss eventuell Risikozuschläge fällig wären.
  1. Bedarf prüfen: Sind Sie mit der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente bereits gut aufgestellt? Das lässt sich mit einem Blick in die jährliche Renteninformation herausfinden. Möglicherweise sind Sie bereits zusätzlich über Ihren Arbeitgeber abgesichert? Etwa zu Betriebsrenten geben aktuelle Mitteilungen des Arbeitgebers Aufschluss – oder ein Gespräch mit der Personalabteilung. Ausnahmefälle sind Beamte und sogenannte Kammerberufe wie Rechtsanwalt, Architekt oder Arzt. Diese Berufsgruppen sollten zunächst die speziellen Versorgungsangebote prüfen.

  1. Ansprüche definieren: Jetzt kommt die wahrscheinlich schwierigste Frage: Wie viel BU-Rente benötigen Sie im Ernstfall – und bis zu welchem Alter? Die Verbraucherzentrale rät dazu, einen möglichst hohen Prozentsatz des Nettoeinkommens zu versichern. In der Regel sind bis zu zwei Drittel oder drei Viertel möglich. Außerdem wichtig: sich genug Zeit nehmen, um persönliche Fragen zu klären. Wie stellen Sie sich Ihre Lebenssituation in einigen Jahren vor? Welche Kosten könnten auf Sie zukommen? Und was wollen Sie sich auf jeden Fall leisten können? So vermeiden Sie, sich für einen zu niedrigen oder zu hohen versicherten Betrag zu entscheiden.

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  1. Laufzeit wählen: Sie sind auf der sicheren Seite, wenn Sie bis zum Renteneintritt durch die BU abgesichert sind. Wem die Beiträge für diesen Schutz zu hoch sind, der kann die Laufzeit eventuell verkürzen. Gilt der Versicherungsschutz zum Beispiel nur bis zum 65. Lebensjahr und nicht bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter von 67, ist nach Berechnungen der Verbraucherzentrale ein Sparpotenzial von bis zu 15 Prozent möglich. Eine Besonderheit: Bei bestimmten Berufen lassen die Versicherer ohnehin keine Wahl – und setzen das Endalter teilweise direkt auf 60 oder sogar 55 Jahre.
  1. Variante wählen: Es gibt grundsätzlich zwei verschiedene Arten von Policen: erstens die selbständige Berufsunfähigkeitsversicherung (SBU) als reine Risikoversicherung. Und zweitens die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (BUZ) als Kombinationsprodukt mit einer Lebens- oder Rentenversicherung als Hauptversicherung. Sollten Sie ihren Job nicht mehr ausüben können, fließt damit nicht nur die Rente, sondern es entfällt auch der Beitrag zur Hauptversicherung. Wer unentschlossen ist, holt sich am besten Angebote zu beiden Varianten ein und lässt sich beraten.
  1. Preise vergleichen: Die Spanne der Beitragssätze ist breit. Sie richtet sich einerseits nach dem gewählten Versicherungsmodell – häufig ist die BUZ teurer. Andererseits nach Ihren persönlichen Merkmalen wie Art des Berufs, Alter oder Gesundheitszustand. Für Vorerkrankungen und auch für riskante Hobbys müssen Sie mit Aufschlägen rechnen. Doch Preise variieren von Anbieter zu Anbieter stark, ein Preisvergleich lohnt. Wenn Sie beispielsweise als kaufmännische Angestellte ohne Vorerkrankungen im Alter von 30 Jahren eine Monatsrente von 1.000 Euro versichern und ein Endalter von 67 Jahren wählen, bezahlen Sie nach Berechnungen der Verbraucherzentrale bei einem günstigen Anbieter bis zu 600 Euro Jahresbeitrag für die SBU, bei einem teuren über 800 Euro. Eine günstige BUZ würde dagegen bis zu 700 Euro jährlich kosten und eine teure mehr als 900 Euro.
  1. Ehrlich Auskunft geben: „Wichtig ist, die Anträge penibel genau und vollständig auszufüllen. Sonst besteht im Berufsunfähigkeitsfall ein hohes Risiko, dass der Versicherer die Zahlung verweigert“, sagt Versicherungsexpertin Weidenbach. Das gilt für Fragen zum Beruf, insbesondere aber für Fragen zu Gesundheit bzw. Vorerkrankungen. Wer sich nicht sicher ist, was in den Fragebogen zu Vorerkrankungen gehört, holt sich am besten Rat beim Arzt.
    Misstrauisch sollten Sie werden, wenn der Versicherer nur oberflächlich Informationen von Ihnen verlangt. Häufig prüfen diese Anbieter dafür später umso strenger den Leistungsfall. 
  1. Kleingedrucktes beachten: Von den Versicherungsbedingungen hängt ab, ob im Ernstfall wirklich eine Rente fließt. In manchen Altverträgen kann noch die sogenannte abstrakte Verweisung stehen. Sie besagt: Wenn Sie trotz der gesundheitlichen Probleme noch in irgendeinem anderen Job arbeiten könnten, der der Lebensstellung entspricht, bekommen Sie keine Rente ­- ein großes Schlupfloch für Versicherer, die sich einer Zahlung entziehen wollen. Davon zu unterscheiden ist die konkrete Verweisung, die inzwischen fast standardmäßig festgeschrieben ist. Sie betrifft in erster Linie die Zeit, nachdem die Berufsunfähigkeit bereits festgestellt wurde. Wer danach wieder anfängt, in einem Job zu arbeiten, der ähnlich bezahlt wird und der Lebensstellung entspricht, bekommt keine Rente mehr bezahlt. Grundsätzlich gilt: Es ist immer der zuletzt ausgeübte Beruf versichert – es kommt später also nicht mehr darauf an, in welchem Job Sie zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gearbeitet haben.
    Außerdem beim Kleingedruckten zu beachten: Ist ein Prognosezeitraum von sechs Monaten vereinbart? Damit genügt es für die Rentenzahlung, wenn der Arzt bescheinigt, dass die Berufsunfähigkeit mindestens sechs Monate dauert. In schlechten Verträgen sind bis zu drei Jahre festgeschrieben. Möglich auch, dass bei auffällig günstigen Policen der Leistungsumfang im Kleingedruckten eingeschränkt wird. Solche Klauseln sind aber oft sittenwidrig.
  1. Alternativen prüfen: Haben Sie viele Vorerkrankungen – insbesondere auch Erkrankungen der Psyche – erhalten Sie unter Umständen keine BU-Versicherung mehr. Oder arbeiten Sie in sogenannten „Risikoberufen“ – etwa als Profisportlerin, Schauspielerin oder Sprengstoffexpertin? Auch dann kann es sein, dass Sie gar keine Police angeboten bekommen und sich nach Alternativen wie die Unfallversicherung umsehen müssen. Die Versicherungen halten viele weitere Produkte bereit, die aber in der Regel einen geringeren Schutz als die BU bieten. Bevor Sie etwas unterschreiben: Lassen Sie sich von unabhängigen Experten beraten! 
  1. Rechtsschutzversicherung erwägen: Bei der BU geht es für die Versicherer um viel Geld. Deshalb kommt es im Ernstfall immer wieder zu Streitigkeiten. Wer teure Auseinandersetzungen vor Gericht vermeiden will, sollte über eine Rechtschutzversicherung nachdenken. Damit bei Krankheit oder Unfall kein Fehler mit dem Papierkram passiert und wirklich Geld fließt, sollten sich Betroffene einen Experten an die Seite holen.

herMoney-Tipp:

Ein Policenvergleich ist für Laien nicht ganz einfach, weil die Tarife sehr unterschiedlich zusammengesetzt sind. Wenn Sie unsicher sind, lassen Sie sich beraten! Die Versicherungsberater der Verbraucherzentralen erarbeiten mit Ihnen den Bedarf und filtern dann mit einer computergesteuerten Vergleichssoftware ein passendes Angebot für Sie heraus!

 

Foto: Birgit Wetjen


Elke Weidenbach ist Referentin für Versicherungen der Verbraucherzentrale NRW. Die Rechtsanwältin ist Autorin zahlreicher Ratgeber zum Thema Versicherungen 
(z.B. „Richtig versichert. Wer braucht welche Versicherung?“)

 

 


Unsere Autorin Miriam Binner arbeitet als freie Wirtschaftsjournalistin in Köln. Die Absolventin der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft und hat VWL und BWL studiert und kennt die Schwierigkeiten hinter komplexen Finanzthemen.

 

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