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27. Oktober 2022
Die EuropÀische Zentralbank (EZB) bekÀmpft die Inflation weiter, indem sie die Zinsen erneut anhebt. Eine EinschÀtzung.
Die hohen Preise fĂŒr Lebensmittel, Energie und Dienstleistungen bereiten derzeit vielen Menschen Probleme. Und auch die Industrie leidet unter der hohen Inflation. Die Institution, die in Europa dafĂŒr da ist, die Preise stabil und damit die Inflation im Zaum zu halten, ist die EuropĂ€ische Zentralbank (EZB).
Am Donnerstag war es nun wieder so weit: Die WĂ€hrungshĂŒter kamen unter Vorsitz von Christine Lagarde zusammen, um die kĂŒnftige Geldpolitik zu beschlieĂen â darunter den wichtigen Leitzins, zu dem sich GeschĂ€ftsbanken bei der Notenbank frisches Geld leihen können. So hob die EZB den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf nunmehr zwei Prozent an. Bereits im September hatte die Notenbank die Zinsen im selben MaĂe angehoben.
Den Leitzins geben die Banken bei der Kreditvergabe weiter â was die Schuldentilgung verteuert. So steigen etwa die Zinsen fĂŒr Immobilienkredite deutlich an. Aber auch fĂŒr Unternehmen wird es teurer zu investieren. Deshalb verzichten Firmen und Privatpersonen hĂ€ufiger auf Investitionen â sie können sich die höheren Zinsen nicht mehr leisten, was die Nachfrage dĂ€mpfen soll. Dadurch besteht auf der einen Seite das Risiko, die Konjunktur abzuwĂŒrgen. Andererseits soll dadurch, so die Theorie, die Inflation wieder sinken.
Im Euroraum lag die Inflation im September bei fast zehn Prozent. Eigentlich sollten, so das Ziel der Notenbank, die Preise pro Jahr um lediglich knapp zwei Prozent steigen. Ob die Zinsen also weiter steigen werden, hÀngt davon ab, wie sich die Inflation in den nÀchsten Monaten entwickelt. In der Pressekonferenz am Donnerstag bestÀtigte Lagarde, dass der Zyklus der Zinserhöhungen noch nicht beendet sei.
Willst du mehr zur Inflation wissen, und genau verstehen, wie Inflation und Zinsen zusammenhĂ€ngen? Dann hör dir diese Folge des Podcasts “herMoney Talk” an:
Eine EinschÀtzung zu der Zinsentscheidung gibt Kapitalmarktexperte Dr. Ulrich Kaffarnik vom Vermögensverwalter DJE im Interview mit herMoney:
Die EuropÀische Zentralbank hat am Donnerstag den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte auf zwei Prozent angehoben, um die hohe Inflation zu bekÀmpfen. Am Markt ist diese Anhebung erwartet worden. Wie schÀtzen Sie diese erneute, starke Zinserhöhung ein?
Die Anhebung der Leitzinsen in dieser Höhe kommt keineswegs ĂŒberraschend, ebenso wenig wie die AnkĂŒndigung bei der weiteren Geldpolitik âauf Sicht zu fahrenâ, das heiĂt die nĂ€chsten Schritte in AbhĂ€ngigkeit von den ökonomischen Daten zu gehen. Die ersten Marktreaktionen darauf waren steigende Kurse sowohl bei Anleihen als auch bei Aktien. Dies zeigt, dass die Investoren mit dieser Konstellation ganz gut leben können.
Wie geht es jetzt weiter â erwarten Sie noch weitere Zinsschritte?
Ich kann mir gut vorstellen, dass die EZB in diesem Jahr noch Zinsanhebungen um 50 Basispunkte tĂ€tigt, um die mittelfristigen Inflationserwartungen zu kontrollieren. Auch Anfang nĂ€chsten Jahres könnte es noch einen Zinsschritt geben. Mit mehr rechne ich aber nicht, da die Inflation im Verlauf von 2023 zurĂŒckgehen dĂŒrfte.
Die EZB steckt im Dilemma: Auf der einen Seite zwingt die hohe Inflation die WĂ€hrungshĂŒter zum Handeln. Auf der anderen Seite steigen durch hohe Zinsen auch die Risiken fĂŒr die Konjunktur. Wie kann die EZB hier wieder rauskommen?
Die EZB hat einen schwierigen Balance-Akt vor sich, was vor allem daran liegt, dass sie viel zu spĂ€t auf die hohe Inflation reagiert hat. Dies gilt ĂŒbrigens auch fĂŒr die US-amerikanische Zentralbank. Die Gefahr besteht, dass die Konjunktur aus sich heraus schon schwĂ€chelt und die Notenbanken diesen Trend durch höhere Leitzinsen verstĂ€rken. Dies dĂŒrfte auch den Verantwortlichen klar sein. Das ist auch der Grund fĂŒr die Formulierung, die weitere Entwicklung in AbhĂ€ngigkeit von den Daten zu steuern, was eben auch bedeutet, den restriktiven Kurs wieder Ă€ndern zu können.
Warum gelten steigende Zinsen als Gift fĂŒr die Aktien-Börsen?
Dies sind mehrere Faktoren. ZunĂ€chst wirken höhere Zinsen bremsend auf die Wirtschaft. AuĂerdem fĂŒhrt dies zu steigenden Kreditkosten bei den Unternehmen, was neben der AbschwĂ€chung des allgemeinen Wachstums die Gewinne der Unternehmen negativ beeinflusst. Durch höhere Zinsen fĂŒr verzinsliche Wertpapiere entsteht wiederum eine Investitionsalternative fĂŒr Anleger. SchlieĂlich beeintrĂ€chtigt ein höheres Zinsniveau auch die Bewertung von Aktien, da die sogenannte RisikoprĂ€mie (Unterschied zwischen der Gewinnrendite bei Aktien und der Rendite fĂŒr Anleihen) geringer wird.
Die Nullzinsen galten lange als Argument fĂŒr Aktien (âThere Is No Alternative (TINA)â). Was spricht jetzt noch fĂŒr Aktien? Sollten AnlegerInnen jetzt weniger Aktien, dafĂŒr mehr auf festverzinsliche Anlagen setzen?
Wir finden in der aktuellen Situation hĂ€ufig verzinsliche Anlagen mit einem vernĂŒnftigen Chance-Risiko-Profil. Deshalb liegt eine höhere Gewichtung dieser Anlageklasse in Mischfonds nahe. Derzeit prĂ€ferieren wir Unternehmensanleihen im kĂŒrzeren und mittleren Laufzeitenbereich. Mittelfristig fĂŒhrt aber kein Weg an Aktien vorbei. Unternehmen mit stabilen GeschĂ€ftsmodellen und Preissetzungsmacht sollten dabei im Vordergrund stehen.
Die EZB hat nicht nur den Leitzins, sondern auch den Einlagenzins angehoben. Der Einlagenzins ist der Zins, den GeschĂ€ftsbanken bekommen, wenn sie Geld ĂŒber Nacht bei der Notenbank parken. Bis zur Juli-Sitzung hatte dieser Zins im negativen Bereich gelegen, die Banken hatten also Geld zahlen mĂŒssen. Einige Banken haben diesen Einlagenzins als âVerwahrentgeltâ an die KundInnen weitergegeben. Ist jetzt die Zeit der Negativzinsen endgĂŒltig vorbei?
Ja, Negativzinsen passen ĂŒberhaupt nicht mehr in die Landschaft. Und die Banken mĂŒssen ihre Verwahrentgelte zurĂŒcknehmen.
Zur Person: Dr. Ulrich Kaffarnik ist Mitglied des Vorstands bei DJE. Er verantwortet den Bereich Fondsmanagement & -handel und ist GeschĂ€ftsfĂŒhrer der Luxemburger Kapitalanlagegesellschaft von DJE, der DJE Investment S.A.