Pflegegrad 2: Wie viel Geld und welche sonstigen Leistungen du bekommst
12. Januar 2024
Was zu tun ist, wenn einer deiner Angehörigen als Pflegegrad 2 eingestuft wird.
🚀 Jetzt neu: Der herMoneyCLUB ➔ Mehr Infos
6. Dezember 2018
Mutter und Vater finanziell unterstützen – die rechtlichen Regeln sorgen bei vielen für Ärger. HerMoney gibt Antworten auf Leserfragen.
Geld für das teure Pflegeheim der Schwiegereltern bezahlen, Familienmitglieder finanziell unterstützen, obwohl seit Jahren kein Kontakt besteht. Aus der eigenen schmalen Rente einen Teil abzweigen für die schwer kranke Mutter. Vorschriften rund um den Elternunterhalt treffen bei vielen Menschen auf Unverständnis. „Das Elternunterhaltsrecht wird von vielen als ungerecht empfunden“, sagt Martin Wahlers, Fachanwalt für Familien- und Erbrecht in der Nähe von Darmstadt. „Weil es sich nicht genug an gesamtgesellschaftlicher Solidarität orientiert, sondern primär das Einzelschicksal betrachtet.“
Dass Nachbesserungen nötig sind, ist auch in der Politik angekommen. So steht im aktuellen Koalitionsvertrag, dass die Einkommensgrenze für den Elternunterhalt in Zukunft deutlich höher liegen soll: „Auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern soll künftig erst ab einem Einkommen in Höhe von 100.000 Euro im Jahr zurückgegriffen werden“, heißt es auf Seite 97 der Vereinbarung zwischen Union und SPD. Künftig werden also weniger Menschen von den Regelungen betroffen sein – sofern ein entsprechendes Gesetz erlassen wird. Hierfür gibt es aktuellen Medienberichten zufolge aber noch keinen Zeitplan.
Bis dahin sollten sich Angehörige von Pflegebedürftigen frühzeitig auf mögliche Verpflichtungen vorbereiten – und auch einige Spezialfälle kennen. HerMoney gibt Antworten auf Ihre Leserfragen.
Ja, es gibt Portale im Internet, die einen Anhaltspunkt für die mögliche Höhe des Elternunterhalts liefern. Aber: Das sind reine Berechnungshilfen, die nur für eine grobe Einschätzung dienen. Deshalb rät Rechtsanwalt Martin Wahlers zur Vorsicht: „Für einen ersten Überblick kann es sinnvoll sein, sich Berechnungsformulare im Internet anzusehen. Allerdings wird sich der ermittelte Betrag sehr wahrscheinlich nicht mit der Berechnung des Sozialamts decken.“ Als Orientierungshilfe hat zum Beispiel die Anwaltskanzlei Hauß Nießalla Härdle in Duisburg einen solchen Rechner als Excel-Format auf ihre Internetseite gestellt.
Das gesetzliche Renteneintrittsalter von aktuell 67 Jahren ist eine wichtige Schwelle beim Elternunterhalt. Denn: Das Sozialamt stellt bei Rentnern eine andere Rechnung auf als bei erwerbstätigen erwachsenen Kindern. Die Logik dahinter: Wer bereits in Rente ist, kann keine Abzüge mehr für die eigene Altersvorsorge geltend machen. Die Ersparnisse zählen dann grundsätzlich zum Vermögen, das für das Leben im Alter verbraucht werden muss.
So geht das Sozialamt konkret vor: Es bewertet wie im Regelfall die finanzielle Situation der Betroffenen. Allerdings ist die entscheidende Rechengröße jetzt die aufgestockte Rente. Das Sozialamt sieht sich also die Vermögenslage an, das Geld aus dem Altersvorsorge-Topf und rechnet das Finanzpolster – wenn vorhanden – auf die Lebenserwartung hoch. Heraus kommt eine Rente, die den Lebensunterhalt bis zum Tod sichern soll. Ist dieser aufgestockte Betrag hoch genug, kann das Sozialamt die Betroffenen zum Elternunterhalt heranziehen.
Zahlen soll immer nur derjenige, der es sich leisten kann. Daher gibt Rechtsanwalt Wahlers den Tipp: „Wer bei der Berechnung der aufgestockten Rente anderer Meinung ist als das Sozialamt – zum Beispiel weil er hohe Ausgaben für die eigene Gesundheit erwartet –, kann widersprechen. Hier gibt es im Einzelfall Raum für Verhandlungen.“
Bei Ehepaaren sind die rechtlichen Regeln zum Unterhalt komplex, daher lautet die Antwort: theoretisch nein, praktisch ja. Das heißt: Laut Gesetz sind nur die leiblichen Kinder unterhaltspflichtig und deren Ehepartner damit aus dem Spiel. Aber: In speziellen Konstellationen müssen auch die Schwiegerkinder bezahlen. Zum Beispiel, wenn sie deutlich mehr verdienen als ihr Partner. Dann kann unter anderem die Taschengeld-Regel greifen, nach der der Besserverdiener fünf bis sieben Prozent des eigenen Einkommens an den Partner abdrücken muss. Fällt dieses theoretische Taschengeld üppig genug aus, müssen Betroffene daraus Elternunterhalt zahlen. Um die Sache zu vereinfachen, kann das Sozialamt den Betrag direkt beim Schwiegerkind anfordern.
Für diesen Fall hat der Gesetzgeber vorgesorgt. Die einfache Antwort lautet: Nein, die Kinder müssen nicht bezahlen, wenn sich ihre Eltern selbst vor dem Unterhalt gedrückt haben. Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) heißt es dazu genau: „Hat der Unterhaltsberechtigte seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen (…) schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht“, so Paragraf 1611 BGB. Und das Gesetz geht noch weiter: „Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre.“ Im Klartext bedeutet das: Es ist in so einem Extremfall möglich, sich rechtlich zu wehren. Rechtsexperten warnen jedoch, dass der Nachweis vor Gericht schwierig sein kann, wenn etwa Unterlagen fehlen.
Nein. Das Sozialrecht regelt laut Rechtsanwalt Wahlers klar, dass Enkelkinder nicht zum Unterhalt verpflichtet werden. Weil nur das Sozialamt Elternunterhalt geltend macht, ist das in der Praxis die entscheidende Vorschrift – auch, wenn das Familienrecht genau das Gegenteil besagt.
Jedes Kind ist für sich alleine betrachtet unterhaltspflichtig – und zwar den eingetragenen Eltern gegenüber. Das schließt also auch Kinder aus früheren Partnerschaften ein. Kennt das Sozialamt alle Adressen, schreibt es im Regelfall auch alle Geschwister an und bittet um Auskunft über Einkommen und Vermögen. Wie viel die Schwestern und Brüder jeweils bezahlen müssen, hängt einerseits von deren individuellen Finanzen ab. Und andererseits von den Kosten, die für die Pflege der Eltern anfallen. Allgemein gilt: Die Last wird anteilig auf alle Unterhaltspflichtigen verteilt.
Nein. Nach den gesetzlichen Regeln dürfen Unterhaltspflichtige die Zahlung nicht gefährden. Entscheiden sich Betroffene etwa aus freien Stücken dafür, auf Teilzeit zu reduzieren, ändert das aus Sicht der Sozialämter erst einmal nichts an der Höhe des Unterhalts. „Die Sozialämter sind Anwälte in eigener Sache, versuchen also, ihre Kosten möglichst vollständig wieder einzutreiben“, sagt Rechtsanwalt Wahlers. Für immer fixiert ist der Betrag trotzdem nicht: „Die Ämter können alle zwei Jahre neue Auskünfte fordern. Ergibt die Überprüfung, dass weniger gezahlt werden muss, müssen sie auch das berücksichtigen. Schließlich sind sie Teil der öffentlichen Hand“, so Wahlers.
Wesentlich strengere Regeln gelten beim Kindesunterhalt, da der Nachwuchs stärker abhängig ist und keine Möglichkeit hat, selbst Geld zu verdienen. Wer hier als Unterhaltspflichtiger arbeitslos wird, muss im Streitfall sogar nachweisen können, dass er keine Schuld daran trägt – und um den Arbeitsplatz gekämpft hat. Außerdem gelten niedrigere Abzüge bei der Berechnung des Kindesunterhalts: Vermögen anzusparen ist hier beispielsweise nur in geringerem Umfang erlaubt.
Auch hier kommt es auf die Situation im Einzelfall an. Der Lottogewinn zählt regulär zum Vermögen und bleibt deshalb höchstens dann unberührt, wenn ihn die betreffende Person für dringend notwendige Ausgaben oder Anschaffungen benötigt. Das nachzuweisen ist für Ratenzahlungen auf einen Kredit natürlich einfacher als für vergoldete Wasserhähne. Außerdem zählt, wie gut Betroffene bei der Altersvorsorge aufgestellt sind. Denn im Zweifelsfall kann der Lottogewinn dabei helfen, die eigene Absicherung für das Alter aufzustocken.
Die Rechtslage zum Elternunterhalt ist komplex, holen Sie sich deshalb im Zweifel Rat von Anwälten oder den Rechtsexperten der Verbraucherzentralen. Sind Sie sich unsicher, ob in ihrem Fall alles mit rechten Dingen zugegangen ist? Dann sichern Sie Unterlagen, um im Ernstfall Nachweise in der Hand zu haben. Einen Überblick über wichtige Regeln gibt der Ratgeber „Elternunterhalt“ der Verbraucherzentrale.