Zu viel USA im ETF-Depot: Das kannst du dagegen tun
18. Dezember 2024
Wer einen ETF auf den MSCI World hat, bekommt viel USA und Technologie. Wie du den US-Anteil im Depot senkst.
🚀 Jetzt neu: Der herMoneyCLUB ➔ Mehr Infos
23. Mai 2023
Künstliche Intelligenz ist das große Thema. Als Profiteur gilt die Halbleiterbranche, in die du mit ETFs investieren kannst. Die Aussichten.
Halbleiter werden in vielen elektronischen Geräten eingesetzt, beispielsweise in Smartphones, Tablets, Ultraschallgeräten oder Elektrofahrzeugen.
Aufgrund der KI könnte man meinen, das Umfeld für die Halbleiterbranche und damit die Prognose für Semiconductor-ETFs sei generell gut. Allerdings mehrten sich zuletzt die Stimmen, die die Halbleiterbranche vor schwierigen Zeiten sehen.
Im laufenden Jahr stiegen Halbleiter-ETFs bereits um rund 20 Prozent. In schwachen Börsenphasen sank der MSCI Global Semiconductor, den viele ETFs abbilden, allerdings stärker als der Gesamtmarkt.
Egal ob im Gespräch mit FreundInnen, in der Mittagspause mit den KollegInnen oder beim Smalltalk mit neuen Business-Kontakten: In vielen Unterhaltungen fällt derzeit irgendwann die Frage „was hältst du denn von künstlicher Intelligenz?“ oder „wie nutzt ihr eigentlich ChatGPT?“.
Über die Hintergründe des Booms der künstlichen Intelligenz (KI) und entsprechende Investmentmöglichkeiten haben wir in diesem Artikel bereits berichtet. Nun wollen wir uns allerdings einer Branche widmen, die massiv von KI profitieren kann: die Halbleiter- oder Chip-Industrie (engl.: semiconductor).
Ein Beispiel: Der Halbleiterkonzern Nvidia aus den USA produziert Grafikchips für komplexe Rechenaufgaben – wie es die Anwendungen im KI-Bereich sind. Nvidia selbst forscht auch an künstlicher Intelligenz, um die eigenen Produkte leistungsfähiger zu machen.
Die Nvidia-Aktie zählt zu den großen Gewinnern in diesem Jahr. Seit Jahresbeginn hat sich der Kurs fast verdoppelt. Der marktbreite S&P500-Index hingegen stieg lediglich um acht Prozent (Stand 11.05.2023, Quelle: Google Finance). Der MSCI Global Semiconductors Index, in dem Nvidia mit mehr als zehn Prozent gewichtet ist, legte um 18 Prozent zu (Stand 12.05.2023, Quelle: MSCI).
Es gibt mehrere ETFs, die den MSCI Global Semiconductors Index oder weitere Indizes mit Aktien von Chipherstellern abbilden. Auf die einzelnen ETFs der Halbleiterindustrie gehen wir im späteren Verlauf dieses Textes ein. Zunächst ein wenig Hintergrund zur Halbleiterbranche.
Halbleiter werden in vielen elektronischen Geräten eingesetzt. Auf der E-Learning-Plattform simpleclub.com findet sich folgende Info: „Ein Halbleiter ist ein Stoff, der sowohl Eigenschaften von Isolatoren als auch von Leitern besitzt. Bei tiefen Temperaturen ist der Halbleiter ein Isolator, bei hohen Temperaturen oder einer ‚Störung im Atomgitter‘ wird er zum Leiter. Einer der wichtigsten Halbleiterstoffe ist Silicium.“
Halbleiter werden in unterschiedlichen Bereichen eingesetzt:
Halbleiter sind damit elementar für die großen Themen der Zukunft: Digitalisierung, Elektrifizierung, künstliche Intelligenz – um nur einige zu nennen.
Aufgrund des KI-Hypes könnte man meinen, das Umfeld für die Halbleiterbranche und damit die Prognose für Semiconductor-ETFs sei generell gut.
Allerdings mehrten sich zuletzt die Stimmen, die die Halbleiterbranche vor schwierigen Zeiten wähnen. Die Halbleiterbranche zählt zu den zyklischen Branchen. Das bedeutet, dass sie in der Regel unter einem wirtschaftlichen Abschwung leidet. Denn schwächt sich das Wirtschaftswachstum ab, sinkt auch die Nachfrage, so die Theorie.
Das gilt mittlerweile allerdings nicht mehr wirklich: Die Coronapandemie mit all ihren Folgen und der Krieg in der Ukraine brachten diesen sogenannten „Schweinezyklus“ durcheinander. Mit Ausbruch der Pandemie 2020 stieg die Nachfrage nach elektronischen Geräten für das Homeoffice massiv, während gleichzeitig die Wirtschaft in eine – kurzzeitige – Rezession rutschte. Durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus, wie die Schließung von Grenzen, rissen Lieferketten. Die Bauelemente wurden knapp, die Preise stiegen.
Im vergangenen Jahr flaute die Pandemie ab, die Nachfrage sank. Die Probleme in den Lieferketten allerdings blieben bestehen, auch weil in China noch lange ein strikter Lockdown herrschte.
Und dann begann Russland den Krieg in der Ukraine, was in Europa zu einer Energiekrise führte – wodurch die Inflation stark anstieg. Auch heute ist die Preissteigerung noch auf hohem Niveau. Die Nachfrage nach Chips sinkt dadurch weiter, da die KundInnen kostenbewusster sind und ihr Geld lieber sparen. Das belastet die Gewinne der Chiphersteller.
Einige Unternehmen aus der Branche enttäuschten zuletzt mit ihren Zahlen: Der taiwanesische Chiphersteller TSMC erzielte im ersten Quartal 2023 lediglich einen Umsatz von 16,72 Milliarden US-Dollar (ein Minus von fünf Prozent), obwohl AnalystInnen mit bis zu 17,05 Milliarden Dollar gerechnet hatten. Für das derzeit laufende Quartal peilt der Konzern einen Umsatz zwischen 15,2 und 16 Milliarden Dollar an. ExpertInnen hatten 18,16 Milliarden Dollar erwartet.
US-Hersteller Intel machte im ersten Quartal sogar den größten Verlust seiner Firmengeschichte: ein Minus von 2,8 Milliarden Dollar, nach einem Gewinn von mehr als acht Milliarden Dollar im Vorjahr. Der Umsatz sank um 36 Prozent auf 11,7 Milliarden Dollar.
Und wie geht es weiter? In einer Studie zeigte sich Analyst Dylan Patel von Semianalysis skeptisch. Der Abschwung auf dem Halbleitermarkt sei schlimmer als von den Unternehmen und der Wall Street erwartet, schreibt er. Die Bestände in den Lagern seien höher als in den wirtschaftlichen Abschwüngen während der Finanzkrise 2008 und dem Platzen der Dotcom-Blase 1999/2000, als die Halbleiterbranche massiv eingebrochen war. Diese rekordhohen Lagerbestände dürften bis zum zweiten Quartal 2023 nicht auf ein normales Level zurückgehen. Diese Überkapazität in bestimmten Prozesstechnologien dürfte mittelfristig zu sinkenden Preisen und einem Druck auf die Margen führen.
Das Analysehaus World Semiconductor Trade Statistics (WSTS) geht davon aus, dass der globale Markt für Halbleiter in diesem Jahr um 4,1 Prozent schrumpfen dürfte.
Die langfristigen Perspektiven allerdings dürften besser sein: „Schätzungen zufolge wird sich die Nachfrage nach Halbleitern zwischen 2022 und 2030 verdoppeln, so die Antworten europäischer Branchenexperten in einer von der Europäischen Kommission ins Leben gerufenen Umfrage“, wie die Kreditversicherungsgruppe Credendo in einer Studie berichtet. Dazu kommt die Unterstützung aus der Politik durch Subventionen, beispielsweise in den USA, Japan oder Südkorea.
Ein Risiko für die Halbleiterbranche ist die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Schwächelt die Wirtschaft weiter, dürfte das die Nachfrage weiter belasten.
Dazu kommen geopolitische Risiken: Fast zwei Drittel der gesamten Chips sei 2020 in den vier ostasiatischen Ländern China, Japan, Südkorea und Taiwan hergestellt worden, so Credendo. 90 Prozent der fortschrittlichsten Chips würden zudem in Taiwan produziert.
„Der taiwanesische Sektor dürfte – zusätzlich zu den indirekten Auswirkungen der US-Sanktionen gegen China (wie strenge Exportkontrollvorschriften, Anm. d. Red.) – unter der Absicht der USA leiden, die Abhängigkeit von Taiwan zu verringern, und wäre direkter exponiert und Ziel von (physischen oder regelmäßigeren Cyber-)Angriffen im Falle einer Verschärfung der Spannungen mit China.“
Die geografische Konzentration auf Ostasien und der hohe Wasserverbrauch bergen zudem klimawandelbedingte Risiken, so Credendo: Extreme Dürren oder große Überschwemmungen seien ein ernsthaftes Risiko.
„TSMC berichtet, dass 99.000 Tonnen Wasser pro Tag verbraucht werden und der Wasserbedarf mit den fortschrittlicheren Produktionstechniken steigt. Störungen der weltweiten Versorgung wurden vor zwei Jahren beobachtet, als Taiwan von der schlimmsten Dürre seit einem Jahrhundert heimgesucht wurde. Auch in dieser Saison sind Anzeichen von Dürre sichtbar, die die laufende Produktion beeinträchtigen könnten.“
Ein Klassiker der Halbleiter-ETFs ist einer, der den MSCI Global Semiconductor Index des Indexanbieters MSCI abbildet (genauer gesagt den MSCI ACWI IMI Semiconductors & Semiconductor Equipment ESG Screened Select Capped Index). Er bietet Zugang zu großen, mittelgroßen und kleinen Unternehmen aus insgesamt 23 Industrieländern und 24 Schwellenländern aus der weltweiten Halbleiterindustrie.
Dieser Index hat zudem eine ESG-Komponente: Unternehmen werden ausgeschlossen, die an umstrittenen und nuklearen Waffen, Tabak, zivilen Schusswaffen, Kraftwerkskohle, Ölsand oder konventionellen Waffen beteiligt sind und die gegen den UN Global Compact verstoßen.
Die zehn größten Positionen im MSCI Global Semiconductor Index:
Unternehmen | Herkunftsland | Gewicht im Index in Prozent |
Nvidia | USA | 9,60 |
Broadcom | USA | 7,94 |
ASML HLDG | Niederlande | 7,25 |
Taiwan Semiconductor MFG (TSMC) | Taiwan | 7,13 |
Texas Instruments | USA | 5,81 |
Advanced Micro Devices (AMD) | USA | 5,10 |
Intel Corp. | USA | 4,91 |
Qualcomm | USA | 4,10 |
Applied Materials | USA | 3,73 |
Analog Devices | USA | 3,51 |
Quelle: MSCI Index Factsheet, Stand Mai 2023
Die zehn größten Positionen machen insgesamt fast 60 Prozent des gesamten Index und damit entsprechender ETFs aus. Zum Vergleich: Im MSCI All Country World Index, von dem der MSCI Global Semiconductor Index abgeleitet ist, haben diese Werte nur ein Gewicht von drei Prozent.
Wie in der Tabelle oben bereits erkennbar, stammen die meisten Unternehmen aus den USA. Das zeigt sich auch in der Ländergewichtung. An zweiter Stelle rangiert Taiwan, das Heimatland des weltweit größten Auftragsfertigers TSMC. Dahinter kommen wegen ASML die Niederlande. Aber auch Deutschland ist in der Liste der Top Fünf vertreten: Der DAX-Konzern Infineon ist ebenfalls im Index enthalten.
MSCI Global Semiconductor: Ländergewichtung in Prozent
USA | 66,39 |
Taiwan | 13 |
Niederlande | 8,15 |
Japan | 4,89 |
Deutschland | 2,0 |
Andere | 5,5 |
Quelle: MSCI Index Factsheet, Stand Mai 2023
Quelle: MSCI Index Factsheet, Stand Mai 2023, Vergleichsindex: MSCI ACWI (Industrie- und Schwellenländer)
Der Halbleiter-Index hat seinen Vergleichsindex, den MSCI ACWI, im Zeitraum Februar 2015 bis April 2023 deutlich geschlagen. Seit Mitte 2016 entwickelte er sich besser. Der Abstand zum ACWI-Index wurde ab Anfang 2020 größer, als sich die Corona-Pandemie ausbreitete.
Im Jahr 2022 allerdings, ein bekanntermaßen sehr schwaches Börsenjahr, verlor der Index auch stärker. Dieser Trend lässt sich generell ausmachen. Ging es an den Börsen nach oben, gewann der Semiconductor-Index stärker. Ging es nach unten, verlor er auch mehr. ExpertInnen sprechen hier von hoher Volatilität.
Jährliche Performance in Prozent
Jahr | MSCI Global Semiconductor | MSCI ACWI |
2022 | -34,71 | -18,40 |
2021 | 43,54 | 18,22 |
2020 | 56,34 | 16,25 |
2019 | 60,36 | 26,35 |
2018 | -15,86 | -10,08 |
2017 | 43,34 | 23,95 |
2016 | 30,91 | 8,36 |
Quelle: MSCI Index Factsheet, Stand Mai 2023
Der Analysedienst Morningstar listet für herMoney die besten Halbleiter-ETFs auf. Die Tabelle hilft dir beim Vergleich:
Die ETFs von HSBC, Lyxor und iShares bilden den oben besprochenen MSCI Global Semiconductor Index ab. Sie unterscheiden sich daher kaum. Der Lyxor-ETF ist länger am Markt (seit Februar 2019), weshalb es von ihm auch mehr Rendite-Daten gibt.
Diese Frage ist schwer zu beantworten. Das Produkt, das heraussticht, ist der VanEck-ETF mit der WKN A2AHNW: Dieser ETF bildet den MVIS US Listed Semiconductor 10% Capped Index nach, der aus Halbleiterunternehmen besteht, die in den USA börsennotiert sind. Also kein TSMC, kein ASML? Nein, auch diese Aktien sind enthalten, weil auch sie in den USA notiert sind. Interessant ist allerdings, dass die Gewichtung hier etwas anders ist. Nvidia beispielsweise ist mit 15 Prozent im Index gewichtet (statt 9,6), TSMC kommt auf 11 Prozent (statt 7,13). Als einziger passiver Semiconductor-Fonds erhält er zudem eine Morningstar-Bewertung – mit fünf Sternen sogar die bestmögliche.
Zusatzinfo: Wer gerne das Taiwan-China-Risiko ausschließen möchte, und nur in Halbleiterunternehmen aus Industrieländern investieren möchte, der muss leider enttäuscht werden. Es gibt zwar den MSCI World Semiconductors, der auf dem Industrieländerindex MSCI World basiert. Entsprechende Halbleiter-ETFs werden in Deutschland aber nicht verkauft.
Du möchtest mit einem passiven Halbleiter-Fonds dein Portfolio aufpeppen? Achte bei der Auswahl auf die gängigen Aspekte: die Größe, die Bewertung, die Kosten.
Du siehst: Für die Halbleiterindustrie gibt es sowohl Risiken als auch Chancen. Letztere insbesondere im KI-Bereich und bei einem wirtschaftlichen Aufschwung.
Das bedeutet für dich als Anlegerin: Das Investment in einen Halbleiter-ETF ist ebenfalls mit vielen Risiken behaftet, birgt aber auch Chancen – wie man zuletzt auch an der Kursentwicklung der Nvidia-Aktie sehen konnte.
Ein Investment in Halbleiter-ETFs könnte eher für diejenigen sinnvoll sein, die bereits ein breit gestreutes Basisinvestment im Depot haben und es um Akzente ergänzen möchten. Und die bereit sind, Risiken einzugehen.
Bevor du dich einem Investment in Halbleiter-ETFs widmest, solltest du deine Finanzplanung in groben Zügen abgeschlossen haben. Hast du deine Existenzrisiken abgesichert, deine Schulden abgebaut, dir einen Notgroschen aufgebaut und dich um deine Altersvorsorge gekümmert? Wenn ja, dann befindest du dich unserem Fünf-Schritte-Plan zufolge nun beim letzten Punkt, dem Vermögensaufbau. Hier kommen die Depotstrategien ins Spiel. Sinnvoll ist in dem Zusammenhang, zunächst ein breites Basisinvestment anzulegen und es mit Akzenten, wie Halbleiter-ETFs, zu ergänzen. Weitere Themen, mit denen du Akzente setzen kannst, findest du auf dieser Übersichtsseite.
Keine Ahnung von der Börse? So geht’s:
Extra-Tipp: Was tun, wenn die Börse crasht?
Ein Börsencrash ist keine Katastrophe. Behalte einen kühlen Kopf und sitze die Kursschwankungen einfach aus. Ganz Mutige kaufen jetzt sogar nach. Warum das sinnvoll sein kann.