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Ukraine-Krieg, Gas-Krise, Inflation – kommt jetzt eine Rezession? Was das für deine Geldanlage, deine Aktien und ETFs bedeutet.
Schrumpft die Wirtschaft eines Landes in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, spricht man von einer Rezession. Trotz der vielen Krisen rechnet die Bundesregierung für 2023 sogar mit einem leichten Wachstum.
Die Börsen weltweit waren 2022 – als unter Anderem die Sorge vor einer Rezession umging – unter Druck. Breit aufgestellte Indizes sind weniger stark gefallen als kleinere und regional beschränktere Barometer. Breite Streuung schützt vor hohen Verlusten.
Es ist nicht sinnvoll, panisch Aktien oder ETFs zu verkaufen. Besser: Erst einmal Ruhe bewahren und die Positionen halten. In Zeiten einer Rezession könntest du defensive Aktien kaufen, die weniger konjunktursensibel sind.
Vereinfacht gesagt: Schrumpft die Wirtschaft eines Landes in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen, spricht man von einer Rezession. Als Kennziffer wird dabei meist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) verwendet, das den Wert aller im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen misst.
Nach derzeitigem Stand befindet sich Deutschland nicht in einer Rezession. Zwar schrumpfte das BIP im vierten Quartal 2022 um 0,2 Prozent. In den Sommermonaten Juli bis September war die Wirtschaft um 0,5 Prozent gewachsen. Für das Gesamtjahr 2023 erwartet die Bundesregierung in ihrem jüngsten Jahreswirtschaftsbericht, dass das BIP um 0,2 Prozent steigt. Noch im Herbst war die Regierung von einem Rückgang von 0,4 Prozent ausgegangen.
Die Lage auf den Gasmarkt hat sich entspannt, die Preise sanken und es kam im Winter nicht zu der befürchteten Gasknappheit. Die deutschen Unternehmen können dadurch wieder günstiger produzieren. Auch die Entlastungspakete der Bundesregierung trugen ihren Teil dazu bei, dass Wirtschaft und VerbraucherInnen ohne großen Schaden davongekommen sind. Noch im Sommer waren die Energiepreise durch die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland auf Rekordniveau, und Börsianer sorgten sich vor einer Rezession.
Möglicherweise wieder steigende Energiepreise sind nur einer der vielen Risikofaktoren für die Wirtschaft:
All diese Probleme zeigten sich 2022 an den Börsen. So verloren der deutsche Leitindex DAX und der US-Standardwerteindex S&P 500 im Gesamtjahr jeweils rund 13 Prozent an Wert. Der US-Technologieindex Nasdaq 100 sank sogar um fast 30 Prozent.
Mehr über die aktuelle Wirtschaftslage und die Auswirkungen auf die Börse erklärt Ann-Katrin Petersen von Blackrock im Podcast:
Die Kursverluste 2022 machten sich auch bei den Indizes bemerkbar, die viele Anlegerinnen über ETFs besparen. So fiel der MSCI World, der weltweite Industrieländer abdeckt, im Gesamtjahr um rund 13 Prozent. Dessen nachhaltiges Pendant verlor 17 Prozent. Der MSCI Emerging Markets, in dem Schwellenländeraktien gebündelt sind, gab 15 Prozent nach.
Verluste bei Aktienkursen gibt es in einer Rezession nahezu überall. Allerdings sind breiter aufgestellte Indizes wie der MSCI World, der mehr als 1.500 Aktien umfasst, weniger stark gefallen als kleinere Indizes. Dazu gehören regional beschränktere Indizes oder technologielastige und damit branchenspezifische Barometer wie der Nasdaq 100.
Breite Streuung schützt vor hohen Verlusten, da einzelne starke Kurseinbrüche besser kompensiert werden können. Ein Beispiel: die Amazon-Aktie. Sie hat im vergangenen Jahr fast 50 Prozent an Wert verloren. Im MSCI World ist der Onlinehändler zwar enthalten, aber nur mit einem Gewicht von 1,5 Prozent. Im Nasdaq 100 ist die Aktie ebenfalls enthalten – hier aber mit einem Gewicht von mehr als sechs Prozent. (Quelle: JustETF, Stand: 09.02.)
Du fragst dich jetzt bestimmt, wie es am Markt bei einer Rezession weitergeht. Die Helaba-Chefvolkswirtin zeigte sich in einem Interview mit herMoney von Mitte 2022 pessimistisch: „Im Falle einer Rezession wären weitere deutliche Kursrückgänge zu befürchten“, sagte sie.
Nun sieht sie die Lage allerdings wieder etwas rosiger: “Mit den deutlichen Kursrückgängen in 2022 haben Aktien bereits sehr viel Negatives vorweggenommen. Inzwischen steht die Börsenampel aber auf Grün. (….) Angesichts politischer Unwägbarkeiten ist jedoch das Risiko weiterer Rückschläge überdurchschnittlich hoch.”
Wie funktioniert also Geldanlage in der Rezession, wie solltest du jetzt investieren? Dein Geld auf dem Sparbuch oder einem Festgeldkonto liegen zu lassen, ist wohl keine gute Idee. Denn nur um den Wert des Vermögens zu erhalten, müsste es bei der aktuellen Inflationsrate eine Rendite von fast neun Prozent erwirtschaften. Solche Zinsen zahlt dir keine Bank, trotz höherer Leitzinsen.
Den Mut, dich am Aktienmarkt zu engagieren, musst du jetzt nicht verlieren. Bei einer Rezession ist es vor allem sinnvoll, nicht blind Aktien verkaufen: „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass sich Aktien nach Rezessionen sehr schnell wieder erholen“, sagte Traud.
Trotz Rezession, Korrekturen und dem ein oder anderen Crash bieten Aktien, Fonds und ETFs auf lange Sicht die besten Renditen. Einer Erhebung des Fondverbands BVI zufolge haben globale Aktienfonds auf Sicht von 30 Jahren eine jährliche Rendite von 7,2 Prozent eingebracht. In 15 Jahren waren es nur 4,5 Prozent, innerhalb eines Jahres steht sogar ein Minus von 13 Prozent. Das zeigt: Je länger der Anlagehorizont, desto geringer das Risiko.
Es ist daher eine gute Idee, erst einmal ruhig zu bleiben und Aktien und ETFs auch in der Rezession zu behalten. Die ein oder andere kann es bei den niedrigen Kursen auch in den Fingern jucken, die günstigen Preise zu ausnutzen. In einer Wirtschaftskrise Aktien zu kaufen, ist grundsätzlich keine schlechte Idee. Man muss nur wissen, welche Branchen gerade in einer Wirtschaftskrise Chancen bieten.
Als sichere Aktien für die Rezession gelten defensive Unternehmen, die wenig konjunktursensibel sind. Klassiker sind dabei die sogenannten Nicht-zyklischen Konsumgüter. Denn, so eine Börsenweisheit: „Gegessen wird immer“.
Unternehmen | ISIN | Bereich | Beispiel-Marken | Herkunftsland |
Nestlé | CH0038863350 | Nahrungsmittel | Nescafé, KitKat, Wagner | Schweiz |
Unilever | GB00B10RZP78/NL0000009355 | Konsum | Dove, Langnese, Rexona | Großbritannien/Niederlande |
Procter & Gamble | US7427181091 | Drogerie | Ariel, Braun, Pampers | USA |
Colgate-Palmolive | US1941621039 | Drogerie | Ajax, Colgate, Elmex | USA |
Reckitt Benckiser | GB00B24CGK77 | Haushaltswaren | Calgon, Sagrotan, Vanish | Großbritannien |
Vor allem aber Unternehmen mit großer Fangemeinde und hoher Preissetzungsmacht können in Zeiten hoher Inflation interessant sein. Firmen wie der Getränkehersteller Coca-Cola (ISIN US1912161007) können die hohen Einkaufspreise am Markt besser durchsetzen, denn VerbraucherInnen weichen hier seltener auf günstige Eigenmarken aus. So kann der US-Konzern trotz Inflation weiterhin attraktive Margen erwirtschaften.
Gesundheitsaktien
Ein Konzern, der sowohl in der Konsumgüterbranche, als auch in dem ebenfalls als krisenresistent geltenden Gesundheitssektor aktiv ist, ist Johnson & Johnson (ISIN US4781601046). Die Aktie legte 2022 um rund drei Prozent zu. Der US-Konzern hat nicht nur einen Covid-19-Impfstoff im Portfolio, sondern auch Pflege- und Damenhygienemarken wie bebe oder o.b.. Um 27 Prozent stieg die Aktie von Novo Nordisk (ISIN DK0060534915). Das dänische Pharmaunternehmen entwickelt Therapien gegen die „Zuckerkrankheit“ Diabetes.
Telekommunikation
In einer Rezession könnte man auch Aktien aus dem Telekommunikationssektor kaufen. Der Gedanke: Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten müssen Daten ausgetauscht werden, zuverlässige Telekommunikation ist heute wichtiger denn je. Hierzulande wartet die Deutsche Telekom (ISIN DE0005557508) zusätzlich mit einer attraktiven Dividende auf. Aus dem Ausland können der britische Mobilfunker Vodafone (ISIN GB00BH4HKS39) oder der US-Konzern AT&T (ISIN US00206R1023) interessant sein.
Tech-Aktien
Und die bei InvestorInnen jahrelang gefeierten US-Tech-Werte, die im vergangenen Jahr deutlich eins auf die Mütze gekriegt haben?
“Ein altes Sprichwort sagt: ‘Manchmal ist geschenkt noch zu teuer.’ Optisch günstige Bewertungen allein sind als Investitionskriterium zu wenig. Es kommt darauf an, dass Unternehmen über ein tragfähiges Geschäftsmodell verfügen, das für die kommenden Jahre hohes Gewinnwachstum verspricht,” so Helaba-Chefvolkswirtin Traud in einem Interview mit herMoney zu Jahresbeginn.
Anleihen: Eigentlich müssten steigende Zinsen doch gut für Anleihen sein, oder? Die Rendite von Anleihen stieg in diesem Jahr bereits stark an, was sie in der Tat attraktiver macht.
“AnleiheinvestorInnen dürften mit einem weinenden und einem lachenden Auge auf 2022 zurückblicken,” sagte Traud. “Einerseits waren rekordhohe Ertragsverluste bei deutschen Staatsanleihen von rund 17 Prozent zu verzeichnen. Andererseits wurde das unattraktive Negativzinszeitalter zügig überwunden. Die Rendite fünfjähriger Bundesanleihen kletterte am Jahresende immerhin auf 2,5 Prozent. Pfandbriefe notierten bei über drei Prozent. Das erste Halbjahr 2023 dürfte eher noch von Unsicherheit geprägt sein. Schwächephasen könnten dann allerdings zum Einstieg genutzt werden. Spätestens zur Jahresmitte 2023 sollte das zyklische Hoch bei den Leitzinsen erreicht sein. Dies gibt erfahrungsgemäß Spielraum für Kursgewinne. Insgesamt hat sich das Chance-Risiko-Verhältnis am Rentenmarkt deutlich verbessert.”
Immobilien: Spielst du schon länger mit dem Gedanken, in ein kleines Haus oder eine Eigentumswohnung zu investieren? Dann machen dich bestimmt Meldungen hellhörig, in denen von möglicherweise fallenden Immobilienpreise die Rede ist. Wir von herMoney wollen uns diesen Spekulationen nicht anschließen, sondern auch auf die Risiken von Immobilien in Zeiten einer Rezession hinweisen. Gerade die zur Bekämpfung der Inflation steigenden Zinsen können zur Gefahr für Käuferinnen und Häuslebauerinnen werden. Denn durch höhere Bauzinsen steigen die Finanzierungskosten. Außerdem gibt es vielerorts zu wenig HandwerkerInnen. Es fehlt an Vorprodukten und Rohstoffen. Ob die mutmaßlich niedrigeren Immobilienpreise unter dem Strich nicht doch von höheren Kosten ausgeglichen werden, musst du gut kalkulieren!
Gold: Auch die Ausgangslage beim Edelmetall ist verzwickt. Einerseits sind steigende Zinsen tendenziell schlecht für den Goldpreis. Das Edelmetall wirft, anders als Anleihen oder Aktien, keine laufenden Erträge wie Zinsen oder Dividenden ab. Dazu kommt: Gold wird in US-Dollar gehandelt, was es angesichts des starken Dollars für Investorinnen aus anderen Währungsräumen wie dem Euro teurer macht. Andererseits gilt das Edelmetall, das häufig auch als „Krisenwährung“ bezeichnet wird, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten als sicherer Hafen. Zudem ist Gold auf der Erde nur begrenzt verfügbar, weshalb es im Gegensatz zu Papiergeld nicht ohne Weiteres vermehrt werden kann. Es kann also durchaus Sinn machen, einen Teil deines Vermögens in Gold zu stecken. Als Richtwert gelten fünf bis zehn Prozent des Portfolios.
Du siehst, um Aktien und ETFs kommst du auch in einer Rezession eigentlich nicht herum. Besonders lohnen kann sich jetzt ein Sparplan. Denn da spielen dir die derzeit niedrigen Kurse sogar in die Karten. Durch den sogenannten Cost-Average-Effekt (Durchschnittskosteneffekt) kaufst du bei niedrigen Kursen besonders viele Anteile.
Zum Weiterlesen: Du fragst dich, was passiert, wenn es zu einem heftigen Crash kommt? Hier zeigen wir dir, was du aus Black Fridays der Geschichte lernen kannst.
Keine Ahnung von der Börse? So geht’s:
Extra-Tipp: Was tun, wenn die Börse crasht?
Ein Börsencrash ist keine Katastrophe. Behalte einen kühlen Kopf und sitze die Kursschwankungen einfach aus. Ganz Mutige kaufen jetzt sogar nach. Warum das sinnvoll sein kann.
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Juli 2022 verfasst. Im Februar 2023 wurde er überarbeitet und aktualisiert.
Disclaimer: Aktien, Fonds und ETFs unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die Zukunft. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Kaufempfehlung dar.