Vorabpauschale einfach erklärt: So werden Fonds besteuert

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Anke Dembowski

Autorin

23. Januar 2020

Anfang des Jahres haben Sie von Ihrer Bank einen Brief über die „Vorabpauschale“ erhalten? Wir erklären, was es damit auf sich hat.

Haben Sie im Januar auch einen Brief von Ihrer Bank erhalten, in dem in mehr oder minder verständlicher Sprache etwas über die sogenannte „Vorabpauschale“ steht? Wurde darin unter anderem angedroht, dass man einen Betrag von Ihrem Cash-Konto abbuchen wird? Und wurde tatsächlich etwas unter der Angabe „Fondsbesteuerung“ abgebucht, allerdings ein Betrag von überschaubarer Größenordnung? Dann geht alles mit rechten Dingen zu!

Inhalt:

Das Wichtigste zur Vorabpauschale im Überblick

Hier die wichtigsten Punkte, die Sie über die „Vorabpauschale“ wissen sollten:

  • Durch die Vorabpauschale soll ein Steuerstundungseffekt, der bei Fonds (auch bei ETFs) auftreten kann, vermieden werden. Dadurch werden die Steuerzahlungen möglichst gleichmäßig über die Jahre der Haltedauer verteilt und fallen nicht geballt beim Verkauf der Fondsanteile an.
  • Die Vorabpauschale wurde durch das „Investmentsteuerreformgesetz“ eingeführt, das am 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist.
  • Keine Angst, durch die Vorabpauschale wird nichts besteuert, das nicht erwirtschaftet wurde!

Hier zwei Praxistipps:

  • Halten Sie im Januar Ihr Verrechnungskonto, also das Konto, das Sie als Korrespondenzkonto zu Ihrem Depot angegeben haben, zumindest leicht im Plus. Auf diese Weise fallen Sie nämlich nicht ins Minus, wenn die fällige Steuer ohne Ihr Zutun abgebucht wird. Auf Ihre Zustimmung muss die Bank nämlich nicht warten.
  • Stellen Sie einen Freistellungsauftrag bei der Bank, bei der Sie Ihr Depot unterhalten, falls Sie das noch nicht getan haben. Der kann Sie zwar nicht mehr von der Fondsbesteuerung für das Kalenderjahr 2019 freistellen, aber dann haben Sie für 2020 die Weichen gleich richtiggestellt.

Wenn Sie aber wissen möchten, was es genau mit der Steuerzahlung auf sich hat und wie der Steuer-Betrag berechnet wird, lesen Sie einfach weiter. Wir erklären nun die Hintergründe dieser Fondsbesteuerung, die im Januar 2020 zum 2. Mal so stattfindet.

Oder schauen Sie sich das Erklärvideo des Fondsverbands BVI an:

Neue Steuerreglungen für Fonds seit Januar 2018

Zum 1. Januar 2018 trat das sogenannte „Investmentsteuerreformgesetz“ in Kraft und hat die Besteuerung von Investmentfonds grundlegend verändert. Im alten System galt das „Transparenz-Prinzip“. Danach waren Fonds steuerbefreit, aber Fonds-Anlegerinnen wurden genauso besteuert, als hätten sie die Zins-, Dividenden-, Miet- und sonstigen Erträge unmittelbar erzielt.

Dazu mussten die Fondsgesellschaften bei jeder Ausschüttung oder Ertragsthesaurierung (das ist, wenn Erträge nicht ausgeschüttet, sondern im Fonds behalten werden) aufschlüsseln, um welche Bestandteile es sich im Einzelnen handelt: Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen und so weiter.

Das neue System, das seit 1.1.2018 gilt, ist zweistufig. Zunächst findet hier auf Fondsebene eine Besteuerung statt. Anlegerinnen bekommen dann die Steuern, die bereits auf Fondsebene abgezogen wurden, angerechnet, so dass nichts doppelt versteuert wird. Aktuell zahlen Fonds 15 % Kapitalertragsteuer auf Folgendes: Deutsche Dividenden, deutsche Mieterträge und Gewinne aus dem Verkauf deutscher Immobilien – übrigens auch nach einer Haltedauer von 10 Jahren. Gewinne aus dem Verkauf deutscher Immobilien sind, wenn Sie die Immobilien direkt halten, steuerfrei.

Daneben versteuern Sie als Anlegerin die Ausschüttungen Ihrer Fonds sowie Gewinne aus dem Verkauf von Fondsanteilen. Der Steuerabzug läuft – wie vor der Steuerreform auch – über das Abgeltungsteuer-Verfahren, d.h. Ihre Bank erledigt alles und stellt Ihnen einmal im Jahr eine Bescheinigung fürs Finanzamt aus. Nur wenn Sie einen Freistellungsauftrag (maximal 801 Euro pro Person und Jahr) oder eine Nichtveranlagungsbescheinigung erteilt haben, braucht die Bank keine Steuern von Ihnen einzubehalten und abzuführen.

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So funktioniert die Ersatzregelung bei thesaurierenden Fonds

Und nun kommen wir zur besagten „Vorabpauschale“: Nicht alle Fonds schütten ihre Erträge aus, sondern einige behalten sie ein, was dann den Anteilspreis schneller ansteigen lässt. Im Fachjargon spricht man von „thesaurierenden“ Fonds. Hier können Sie keine Ausschüttung versteuern, da es keine gibt. Damit Sie in dem Fall nicht ungeschoren davonkommen, hat sich der Gesetzgeber eine Ersatzregelung einfallen lassen, die im Januar 2019 zum ersten Mal angewandt wurde.

Dazu ermittelt die depotführende Stelle eine Vorabpauschale, die jeweils zum 31. Dezember als zugeflossen gilt. Die Pauschale orientiert sich am allgemeinen Zinsniveau. „Sie beträgt 70 Prozent des jährlichen Basiszinses der Bundesbank multipliziert mit dem Wert des Fondsanteils zum Jahresbeginn. Sofern der tatsächliche Wertzuwachs des Fonds im Kalenderjahr geringer ist, wird nur dieser angesetzt“, teilt der Fondsverband BVI auf seiner Website mit. Es wird also so getan, als hätte Ihr thesaurierender Fonds eine Ausschüttung gehabt, und diese fiktive Ausschüttung wird mit Kapitalertragsteuer zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer belegt.

Dazu zieht die depotführende Bank die Steuer einfach von Ihrem Konto ab, das dadurch sogar ins Minus rutschen kann! Wenn Sie dann später Ihre Fondsanteile verkaufen, werden die bereits versteuerten Vorabpauschalen berücksichtigt, sodass es insgesamt zu keiner steuerlichen Mehrbelastung (Doppelbesteuerung) beim Anleger kommt.

Die genaue Höhe der fiktiven Ausschüttung wird nach einer kleinen Formel berechnet, die wir zum Glück nicht selbst anwenden müssen, weil die Bank das für uns erledigt. Für diejenigen, die nachrechnen wollen, ist unten ein Rechenbeispiel aufgeführt.

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Was ist die pauschale Teilfreistellung?

Nach der neuen Regelung hätten Sie als Anlegerin zu viele Steuern bezahlt, da zum einen auf Fondsebene und zum anderen auf Anlegerebene eine Besteuerung stattfindet. Um das auszugleichen, werden Sie bei einem Teil der Ausschüttungen und des Verkaufsgewinns steuerlich verschont – das ist die sogenannte „pauschale Freistellung“. Deren Höhe hängt von der jeweiligen Fondskategorie ab.

  • Bei Aktienfonds sind pauschal 30 % der Erträge steuerfrei.
  • Für Mischfonds mit einem Aktienanteil von mindestens 25 % werden pauschal 15 % freigestellt.
  • Bei Immobilienfonds, die mindestens 51 % in Immobilien und Immobilien-Gesellschaften anlegen, sind 60 % der Erträge steuerfrei.
  • Bei Immobilienfonds, die mindestens 51 % in ausländische Immobilien investieren, sind es 80 %.

Sie zahlen also nicht Steuern in Höhe der gesamten Vorabpauschale, sondern sie wird noch um die pauschale Freistellung gekürzt.

Nun haben Sie eine Vorstellung davon, wie das aktuelle System der Fonds-Besteuerung funktioniert. Es ist anders als das Steuer-System für Aktien- und Rentenwerte, das zum Januar 2018 keine Reform erfahren hat.

Für Rechen-Fans hier nun das versprochene Rechenbeispiel zur Vorabpauschale für einen thesaurierenden, voll steuerpflichtigen Rentenfonds.

Regel: Die Vorabpauschale beträgt 70% ·des jährlich vom Bundesministerium für Finanzen (BMF) veröffentlichten Basiszinses, der in 2019 bei 0,52 % liegt (in 2018 lag er noch bei 0,87 %).

Wert der Fondsanteile zum 01.01.19:        10.000 €

Wert der Fondsanteile zum 31.12.19:        10.500 €

Wertzuwachs in 2019:                                     500 €    

Weil der Wertzuwachs positiv ist, entsteht die Steuerpflicht!

Vorabpauschale: 70 % x 0,52 % x 10.000 € = 36,40 €

Darauf anfallende Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag, ggf. Kirchensteuer (insgesamt sind das rund 28 %): Etwas mehr als 10 €

Diesen Betrag würde die Bank dann von Ihrem Konto unter der Bezeichnung „Fondsbesteuerung“ einziehen. Wenn es kein Verrechnungskonto gibt, auf das die Bank zugreifen kann, verkauft sie die die entsprechende Anzahl von Fondsanteilen, um die Steuer abzuziehen.

herMoney-Tipp

Sie brauchen akut nichts zu tun, da Ihre depotführende Bank die Rechenarbeiten und auch den Steuerabzug erledigt. Es ist aber sinnvoll, wenn Sie als Anlegerin regelmäßig Ihre erteilten Freistellungsauträge dahingehend überprüfen, ob sie noch passen. Wenn Sie sehr wenig verdienen, ist es noch besser, eine Nichtveranlagungsbescheinigung beim Finanzamt zu beantragen. Eine Umschichtung von einem Fonds in einen anderen allein auf Grund der Vorabpauschale ist nicht ratsam, denn der Steuer-Betrag ist sehr niedrig und Umschichtungskosten wären im Zweifelsfall womöglich höher.

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Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Trotz sorgfältiger Recherche kann herMoney keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar.

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Anke Dembowski

Autorin

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Geschäftsführerin des Netzwerks „Fondsfrauen".