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Ehegattensplitting wird nicht abgeschafft

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Saskia Weck

29. September 2023

Der Bundesfinanzminister hat es uns erst kürzlich bestätigt: das Ehegattensplitting wird nicht abgeschafft. Stattdessen empfiehlt Christian Lindner bestimmten Paaren die Nutzung der Lohnsteuerklasse 4 mit Faktor. Diese Empfehlung nehmen wir zum Anlass, um uns diese Lohnsteuerklasse einmal genauer anzusehen. Wie funktioniert sie und für wen ist sie sinnvoll?

Als Expertin für dieses komplexe Thema hat herMoney die beliebte Steuerberaterin und Steuer-Influencerin Raphaela Schmaltz eingeladen. Sie steht uns in diesem aufschlussreichen Interview Rede und Antwort.

Hier kannst du dir das komplette Interview mit Steuer Ela als Podcastfolge anhören:

herMoney: Hallo Raphaela, schön dass du da bist! Könntest du zu Anfang kurz die Debatte rund um das Ehegattensplitting und speziell die Steuerklassenkombination 3 und 5 erläutern?

Raphaela Schmaltz: Gerne! Beim Ehegattensplitting geht es darum, dass Ehepartner gemeinsam besteuert werden möchten. Ein einfaches Beispiel: Ein Partner verdient 10.000 €, der andere 40.000 €. Beide Einkommen werden zuerst separat betrachtet, aber am Ende zu einem gemeinsamen Einkommen von 50.000 € zusammengerechnet. Der Clou dabei ist, dass der besser verdienende Partner nur die Hälfte dieses Einkommens, also 25.000 €, versteuert. Das Problem, und gleichzeitig der Reiz, des Ehegattensplittings liegt darin, dass der besser verdienende Partner von dem niedrigeren oder nicht existierenden Einkommen des anderen profitiert. Dies senkt seine Steuerprogression. Während dies in Fällen, in denen ein Partner etwa im Mutterschutz ist oder Elterngeld bezieht, sicherlich vorteilhaft ist, gerät es in anderen Konstellationen oft in Kritik. Dennoch bleibt es erhalten, da es für viele Paare einen erheblichen Steuervorteil darstellt.

herMoney: Christian Lindner hat betont, dass er die Ehe als schützenswerte Gemeinschaft sieht, und in vielen Fällen mag das Ehegattensplitting sinnvoll sein, besonders wenn Frauen wegen der Kinderbetreuung weniger arbeiten. Doch heute gibt es viele gleichverdienende Akademikerpaare. Macht es für sie überhaupt Sinn, die Steuerklassen 3 und 5 zu nutzen?

Raphaela Schmaltz: Tatsächlich wäre für solche Paare die Kombination 4 mit Faktor sinnvoller. Anstatt der oft genannten sechs Steuerklassen gibt es eigentlich sieben, da wir neben der Variante 4 – 4 auch die Kombination 4 – 4 mit Faktor haben. Bei den Steuerklassen 3 und 5 sehen wir oft eine starke Unverhältnismäßigkeit zwischen dem höheren und dem niedrigeren Verdienenden. Mit der Steuerklasse 4 mit Faktor kann dies fairer gestaltet werden. Man teilt dem Finanzamt die jährlichen Bruttoeinkünfte mit, und es berechnet die fällige Lohnsteuer. Als Beispiel: Bei einem Einkommen von 10.000 € zahlt man dank des Freibetrags keine Lohnsteuer. Mit dem Faktor kann das Finanzamt dieses Verhältnis anpassen und so für eine gerechtere Verteilung sorgen.

herMoney: Also, mit dem Faktor in der Steuerklasse 4 kann man mehr Geld behalten, ohne dass der Partner darauf verzichten muss, und baut womöglich höhere Anwartschaften auf. Klingt vorteilhaft! Siehst du in deiner Praxis, dass sich viele dafür entscheiden, oder bleiben die meisten bei den Klassen 3 und 5?

Raphaela Schmaltz: Tatsächlich entscheiden sich nur wenige dafür. Ich bin jedoch froh, dass die Medien dieses Thema mehr beleuchten. Die Steuerklassen 4 und 4 mit Faktor spiegeln die Realität besser wider. Dennoch bedeutet das nicht unbedingt, dass man monatlich mehr Nettoeinkommen hat – das ist eher bei den Klassen 3 und 5 der Fall.

herMoney: Steuerklasse 4 mit Faktor scheint also in Sachen Gleichberechtigung und Fairness unter Ehegatten gerechter zu sein. Doch dafür ist eine regelmäßige Steuererklärung nötig und alle zwei Jahre muss der Faktor neu berechnet werden, richtig?

Raphaela Schmaltz: Genau, vor allem wenn sich das Gehalt signifikant ändert, muss das Finanzamt neu kalkulieren. Trotzdem sehe ich das als eine gute Lösung. Die eventuelle Abschaffung der Steuerklassen-Kombi 3 und 5 wäre in meinen Augen problematisch, vor allem beim Thema Elterngeld, das nach dem Nettoeinkommen berechnet wird. Mit den Steuerklassen kann man beeinflussen, wer mehr Netto hat. So könnte jemand, der in Elternzeit geht, für einige Monate in Steuerklasse 3 wechseln, um mehr Netto und somit mehr Elterngeld zu bekommen. Es wäre schade, wenn diese Möglichkeit wegfallen würde. Auch hinsichtlich weiterer Entgelt-Zusatzleistungen. Daher plädiere ich dafür, alle Steuerklassen beizubehalten.

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herMoney: Ich wusste auch nicht, dass es diese Möglichkeit gibt. Umso spannender fand ich, dass in der Finanzberaterinnen-Community viele bereits über die Steuerklasse 4 mit Faktor Bescheid wissen. Dennoch ist diese Möglichkeit nicht so bekannt bei der breiten Masse. Als Ehepaar bekommt man das nicht automatisch zugewiesen, man muss also selbst aktiv werden und nachhaken. Ist diese Option eigentlich eine Neuheit?

Raphaela Schmaltz: Die Variante mit Faktor gibt es tatsächlich schon seit Jahren. Der Faktor, der berechnet wird, gilt jedoch nur zwei Jahre, dann muss neu berechnet werden.

herMoney: Halten wir also fest: Es zeigt sich, dass das Ehegattensplitting in einigen Fällen sinnvoll sein kann, vor allem in Bezug auf verschiedene Entgeltleistungen wie Elterngeld. Aber Steuerklasse 4 mit Faktor scheint eine kluge und fairere Alternative zu sein, ohne dass eine Gesetzesänderung nötig wäre. Ich würde also empfehlen, das Thema gemeinsam mit dem Partner oder der Partnerin zu ergründen. Vielen Dank, liebe Ela, für deinen Expertenblick!


Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Trotz sorgfältiger Recherche kann herMoney keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar.

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Saskia Weck

Saskia Weck hat Germanistik und Geschichte studiert, bevor sie zum Finanzjournalismus fand. Sie ist seit vielen Jahren als Redakteurin tätig und hat von 2021 bis 2023 für herMoney geschrieben. Saskia ist begeisterte Investorin und stürzt sich liebend gern auf alle Themen rund um „Geld und Familie“, "Karriere", "Steuern" und "Altersvorsorge".

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