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Bankenbeben: Die Hintergründe, die Aussichten

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Floriana Hofmann

21. März 2023

Was hinter der Bankenkrise steckt und was AnlegerInnen jetzt tun sollten, erklärt Carsten Mumm, Chefvolkswirt von Donner & Reuschel.

Die Pleite der Silicon Valley Bank und die Notübernahme der Credit Suisse erinnern viele an die Finanzkrise 2008. herMoney hat mit Carsten Mumm, Chefvolkswirt der Hamburger Privatbank Donner & Reuschel, gesprochen. Er ordnet die aktuellen Geschehnisse für uns ein.

Nach der Pleite der Silicon Valley Bank ist die Schweizer Großbank Credit Suisse unter Druck geraten. Am Wochenende wurde sie von der Konkurrentin UBS übernommen. Wie beurteilen Sie die Fusion von UBS und Credit Suisse?

Die schnelle und konsequente gemeinsame Reaktion der Aufsicht, der Notenbank, der Regierung und der betroffenen Institute selbst hat zur notwendigen Beruhigung der hochnervösen Stimmungslage an den internationalen Kapitalmärkten wirksam beigetragen. Im Detail wirft die Transaktion einige Fragen auf, beispielsweise weil die UBS-AktionärInnen im Vorweg nicht einbezogen wurden. Die Gefahr einer drohenden weiteren Ausbreitung der Bankenkrise war jedoch zu groß.

Warum musste die Credit Suisse überhaupt gerettet werden?

Die Bank war in den letzten Jahren immer wieder von verschiedenen Skandalen und verlustträchtigen Geschäften betroffen, die unter anderem zu einem massiven Verlust im Jahr 2022 geführt haben. Die Folge war ein schleichender Vertrauensverlust und schon seit Monaten ein erheblicher Rückgang des verwalteten Vermögens (Assets under Management). Ohnehin angeschlagene Institute wurden im Zuge der jüngsten Bankenkrise in den USA jedoch mit noch größerer Skepsis betrachtet. Zusammen mit einer unglücklichen Kommunikation eines der größten Anteilseigner, der Saudi National Bank, die eine Aufstockung ihres Anteils an der Credit Suisse ablehnte, entstand so eine nicht mehr aufzuhaltende Negativspirale.

Wie groß ist das Risiko, dass sich die Bankenkrise weiter ausweitet?

Das Risiko ist durch die kurzfristigen Rettungsmaßnahmen in den USA und der Schweiz sowie der zur Beruhigung beitragenden Maßnahmen in anderen Staaten deutlich gesunken. Allerdings ist eine Ausweitung der Bankenkrise nicht ausgeschlossen, denn die Stimmungslage an den Kapitalmärkten ist nach wie vor angespannt. Da reicht eine kleinere negative Nachricht, um einzelne Institute in Schwierigkeiten zu bringen.

Inwiefern sehen Sie Parallelen zwischen einer möglichen Finanzkrise in diesem Jahr und der Finanzkrise 2008?

Die Parallelen halten sich in Grenzen. Vor allem zeigt sich, dass ein massiver Vertrauensverlust einzelne Institute oder gar die gesamte Finanzbranche in Schwierigkeiten bringen kann. Wenn die Angst regiert, rückt Rationalität in den Hintergrund und niemand kann vorhersagen, in welche Richtung eine „aufgescheuchte Herde“ von AnlegerInnen galoppiert. Umso wichtiger ist es, kleinere Unruhen möglichst früh zu beheben, wie es aktuell der Fall ist.

Wie widerstandsfähig ist der Bankensektor in Europa?

Das europäische Bankensystem ist deutlich robuster aufgestellt als zur Zeit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009. Die Regulierung hat seitdem striktere Vorgaben an die Eigenkapitalausstattung und die Risikosteuerung der Banken umgesetzt. Allerdings befinden sich europäische Banken derzeit in einem schwierigen Fahrwasser aufgrund der Auswirkungen der Zinswende im vergangenen Jahr mit konjunkturellen Risiken, zwischenzeitlich deutlichen Kursverlusten in vielen Anlageklassen und wohl künftig zunehmenden Insolvenzen.

Was bedeutet das für SparerInnen und AnlegerInnen?

Für SparerInnen ist die Nachricht eindeutig: Die Staaten wollen keine Bankenpleite zulassen, die zulasten der AnlegerInnen geht, oder die größere Turbulenzen an den Kapitalmärkten hervorrufen würde. Alle Beteiligten haben noch den Schreck der Finanzkrise 2008 vor Augen und wollen eine Neuauflage verhindern.

AnlegerInnen sollten auf die weiteren Aktionen der Notenbanken achten. Diese müssen eine Gratwanderung zwischen der Bekämpfung bestehender Inflationsrisiken durch Zinsanhebungen und der Aufrechterhaltung der Finanzmarktstabilität vollführen. Spätestens wenn Leitzinserhöhungspausen konkret absehbar sind, bestehen zusammen mit einer erwartbaren konjunkturellen Stabilisierung im Laufe des Jahres gute Chancen für positive Entwicklungen an den Aktienbörsen.

Wie sollte man sein Depot jetzt aufstellen?

Die grundsätzliche Aufteilung des Kapitals auf verschiedene Anlageklassen hängt von individuellen Parametern wie der Risikopräferenz oder der Gesamtvermögenssituation ab. Obwohl die Zinsen deutlich gestiegen sind, sorgen anhaltend überhöhte Inflationsraten jedoch weiter für einen negativen Realzins bei sicheren Anlagen wie Staatsanleihen oder Kontoguthaben. Daher ist es bei ausreichendem Anlagehorizont sinnvoll, auch risikoreichere Anlagen wie Aktien oder Unternehmensanleihen zu berücksichtigen. Kursrücksetzer bieten immer auch Chancen, sich für künftig ruhigere Zeiten attraktive Risikoprämien einzukaufen.

Herzlichen Dank für das Interview!

Zur Person: Carsten Mumm ist seit 2017 Chefvolkswirt der Hamburger Privatbank Donner & Reuschel.

herMoney Tipp

Was tun, wenn dich die Nachrichten, die derzeit aus der Bankenwelt kommen, beunruhigen? Der wichtigste Tipp: Ruhe bewahren. Das gilt einerseits für das Geld, das du in Aktien, Fonds oder ETFs gesteckt hast: Auf lange Sicht hat sich der Aktienmarkt in der Vergangenheit positiv entwickelt. Kleine Rücksetzer gehören dazu. Wer über einen Sparplan Schritt für Schritt Geld investiert, erwirbt in diesen Zeiten für den selben Betrag mehr Anteile.

Und Ruhe bewahren gilt auch für das Geld, das du auf Tagesgeldkonten oder dem Girokonto liegen hast, deine Spareinlagen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sicherte jüngst in einem Interview mit der Wirtschaftszeitung Handelsblatt zu: „Die Einlagen sind sicher.“ Durch den Einlagensicherungsfonds sind bis zu 100.000 Euro pro KundIn und Bank gesetzlich abgesichert. Viele Banken, wie die Sparkassen, geben darüber hinaus noch weitere Garantien.

Zum Weiterlesen: Ob die Bankenkrise als Schwarzer Schwan gelten kann, wird sich noch herausstellen. In diesem Artikel kannst du nachlesen, was sich hinter dem Begriff Schwarzer Schwan versteckt, und wie AnlegerInnen damit umgehen sollten. Und was du bei einem Börsencrash tun solltest, erfährst du hier.

Disclaimer: Aktien, Fonds und ETFs unterliegen Kursschwankungen; damit sind Kursverluste möglich. Bei Wertpapieren, die nicht in Euro notieren, sind zudem Währungsverluste möglich. Die frühere Wertentwicklung ist kein verlässlicher Indikator für die Zukunft. Die Auswahl der Wertpapiere und sonstigen Finanzinstrumente dient ausschließlich Informationszwecken und stellt keine Kaufempfehlung dar.

Artikelbild: Archivbild

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Floriana Hofmann

Die Finanzjournalistin Floriana Hofmann war Content Lead bei herMoney. Sie schreibt seit mehreren Jahren für Finanzmedien über Aktien und Börsenthemen. So war sie etwa beim Finanzen Verlag als "Leitung Digital" für die Online-Redaktion von "Börse online" und "Courage" verantwortlich.