Coach werden: 5 Schritte zum Traumjob (und 3 häufige Fehler)
18. Juni 2024
Coaches gibt es mittlerweile in vielen Bereichen unseres Lebens. Wie du Coach wirst und auf welche Fehler du achten solltest.
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Angstpartie Vorstellungsgespräch? Nicht doch! Annette Loechelt, Abteilungsleiterin Personal bei der Provinzial, erklärt, worauf es ankommt!
Frau Loechelt, können Sie sich noch an Ihr erstes Vorstellungsgespräch erinnern?
Annette Loechelt: Aber ja! Ich hatte nach meinem Studium 30 bis 40 Bewerbungen verschickt – der Klassiker für Juristen nach dem 2. Staatsexamen. Und ich wurde dann zu einigen Vorstellungsgesprächen eingeladen. Ich war am Anfang immer unglaublich nervös – da sitzt man da und muss sich verkaufen. Oder besser gesagt, man möchte sich verkaufen.
Und, wie haben Sie sich verkauft?
Ich hatte natürlich bei den ersten Gesprächen schon etwas Angst, ich könnte versagen. Aber ich denke, ich habe das schlussendlich dann gut gemeistert. Jedenfalls habe ich mir meinen Job unter mehreren auswählen können.
Nach welchen Kriterien haben Sie sich schließlich entschieden?
Es klingt komisch, aber ich war auf einer Hochzeit in Düsseldorf und stand dann zufällig vor dem Gebäude der Provinzial Rheinland. Das ist ein tolles Gebäude und das Unternehmen „Provinzial“ war bei mir offensichtlich sehr positiv besetzt. Wahrscheinlich war es eine Bauchentscheidung – jedenfalls war mir schnell klar: Da will ich hin! Mit diesem Ziel vor Augen konnte ich das Vorstellungsgespräch mutig und unbeschwert führen.
Was würden Sie aus heutiger Sicht anders machen?
(Lacht) Wahrscheinlich würde ich wesentlich befangener ins Gespräch gehen und versuchen, auf tausend Dinge zu achten…
…also gehen Bewerber besser unvorbereitet in ein Vorstellungsgespräch?
Ganz klar: Nein! Man sollte sich im Vorfeld schon sehr gründlich über den potenziellen Arbeitgeber informieren. Das ist auch wichtig für die Bewerber selbst. Wie soll der Bewerber sonst wissen, ob das jeweilige Unternehmen mit seinen ganz individuellen Werten überhaupt zu ihm passt?
Heute sitzen Sie als Abteilungsleiterin der Personalabteilung der Provinzial Rheinland jungen Bewerbern gegenüber. Welche Fehler werden am häufigsten gemacht?
Ein No-go ist es, wenn Unterlagen geschönt, also beispielsweise Qualifikationen frei erfunden worden sind. Das fällt im Gespräch auf und ist ein Ausschlusskriterium. Ansonsten würde ich nicht von Fehlern sprechen, das ist mir zu negativ. Eher möchte ich sagen, welche Bewerber mich überzeugen…
…nur zu – was überzeugt Sie denn?
Personalentscheidungen sind langfristige Entscheidungen, zumindest bei der Provinzial – wir haben eine Fluktuationsquote von weit unter fünf Prozent. Wir möchten kein Durchlauferhitzer sein, sondern unsere Mitarbeiter aufbauen und langfristig halten. Die Auswahl geeigneter Menschen hat dementsprechend einen hohen Stellenwert. Die Kriterien allerdings variieren mit dem Anforderungsprofil. Informatiker oder Risikomanager müssen andere Voraussetzungen erfüllen als Mitarbeiter im Vertrieb oder im Produktmanagement.
Was zählt neben der Qualifikation?
Einige Personalleiter fragen viel Wissen ab. Fachliche Kompetenz vorausgesetzt, ist mir aber vor allem das Mind-Set eines Bewerbers besonders wichtig. Vertritt er die Werte des Unternehmens? Hat er Leidenschaft für die Sache und ist er bereit, sich zu entwickeln? Wir sind ein Dienstleister für Kunden und suchen deshalb natürlich auch Mitarbeiter mit Dienstleistungsmentalität – bringt er die mit? Zudem muss ein Bewerber in das Team passen, in dem er arbeiten wird. Das ist ein wichtiger Faktor, der nicht unterschätzt werden darf. Denn wenn es im Team knirscht, leiden Stimmung und Arbeitsqualität. Am Ende kann nur das Team insgesamt gute Leistungen für unsere Kunden erbringen.
Steigt der Druck der Bewerber nicht, wenn gleich die ganze Persönlichkeit auf dem Prüfstand steht? Wie gehen Sie damit um?
Dass junge Bewerber nervös sein können, ist normal. Meine Aufgabe ist es, das Gespräch so zu führen, dass sie ihre Nervosität verlieren. In guter Atmosphäre erkenne ich dann auch ohne Wissensabfrage, ob ein Bewerber die erforderlichen Kompetenzen mitbringt. Das heißt nicht, dass ich Themen nicht klar und deutlich anspreche. Das ist mir wichtig und so halte ich es auch, wenn die Entscheidung ansteht, ob ein Auszubildender übernommen wird. Es ist nicht immer leicht, aber nach meiner Erfahrung wird ehrliche Reflektion und Ansprache belohnt. Von Kritik können Bewerber und Mitarbeiter profitieren, sie bietet immer auch Chancen, wenn sie in angemessener Art und Weise vorgetragen wird.
Verkaufen sich Männer und Frauen in Vorstellungsgesprächen anders?
Ich denke schon, dass es Unterschiede gibt. Bei internen Stellenausschreibungen sehen wir, dass Frauen viel selbstkritischer sind. Männer schauen aufs Anforderungsprofil und sagen dann schnell ´das kann ich` – auch wenn sie acht von zehn Anforderungen im Grunde nicht erfüllen.
…und Frauen?
….bewerben sich im Zweifel gar nicht, weil sie denken, nicht die notwendige Qualifikation zu haben, auch wenn sie sechs von zehn der gefragten Anforderungen ganz locker erfüllen. Das zeigt sich dann auch im Vorstellungsgespräch. Frauen möchten auch über jene Dinge reden, die sie noch nicht so gut können. Sie haben häufiger den Anspruch, wirklich alle Kriterien erfüllen zu wollen.
Und wer hat dann die besseren Chancen?
Der oder die Richtige! Das hängt von der zu besetzenden Stelle und dem Team ab. Das Geschlecht ist kein Entscheidungskriterium, das darf es auch gar nicht sein. In rein männlichen Teams kann es meiner Erfahrung nach sein, dass Machtspiele manchmal über der Sache stehen – und das ist kontraproduktiv. Frauen hinterfragen mehr, sie sind oft reflektierter.
Was raten Sie selbstkritischen Frauen? Sollten sie sich anders verkaufen?
Ich tue mich etwas schwer, nach Geschlechtern zu differenzieren – ich mag es, wenn ein Typ vor mir sitzt, egal ob Mann oder Frau. Frauen sollten nicht auf die Idee kommen, das männliche Rollenmuster zu kopieren. Frauen sollten ihr Geschlecht also nicht verbiegen, sondern sich ihre eigenen Stärken bewusst machen.
Frauen werden in Deutschland im Schnitt schlechter für ihre Arbeit bezahlt als Männer, für die gleiche Arbeit erhalten sie im Schnitt sechs Prozent weniger Geld (bereinigter Gender Pay-Gap). Verkaufen sich Frauen schlechter?
Ich kann das für uns nicht bestätigen, als Unternehmen der Versicherungswirtschaft sind wir bei der Bezahlung an die tariflichen Regelungen gebunden, für die ausdrücklich eine Angemessenheitsvermutung gilt. Auch im außertariflichen Bereich gibt es eine angemessene betriebliche Regelung. Männer mögen mehr fordern, aber wenn es nicht zum Gehaltsgefüge passt, müssen wir passen. Den Anreiz von Geld sehe ich übrigens aufgrund seiner fehlenden Nachhaltigkeit grundsätzlich kritisch. Vergütung ist ein wichtiger Faktor, aber als Attraktivitätsfaktor rückt beispielsweise das Thema „Freiräume“, oder „sich Zeit nehmen können“ zunehmend in den Fokus – bei Männern und Frauen.
Was heißt das konkret?
Work-Life-Balance steht hoch im Kurs – junge Leute wollen Beruf und Privates verbinden können und sich nicht für Karriere oder Kinder entscheiden müssen. Das unterstützen wir. Wir haben einen Betriebskindergarten und seit 2004 auch eine Kleinkinderbetreuung, unsere ProviPänz. Der Nachwuchs wird dort in sehr guter Atmosphäre betreut und die Eltern müssen sich keine Sorgen machen: Wenn mal was passiert, sind sie vor Ort. Das ist für viele Frauen ein wichtiges Kriterium, um sich nach der Babypause mit gutem Gefühl wieder für den Job zu entscheiden.
Welchen Rat mögen Sie jungen Frauen geben?
Bleibt authentisch und werdet euch eurer Stärken bewusst! Ich bin eine Freundin der Transaktionsanalyse. Das heißt: Männer und Frauen sollten sich nicht ständig voneinander abgrenzen, sondern voneinander lernen. Dazu gehört gute Kommunikation und ein Interesse daran zu verstehen, wie der andere tickt.
Und was sollten Frauen besonders von Männern lernen?
…es lohnt nicht immer, die Fleißigste zu sein! Männer können sich hervorragend präsentieren und in Netzwerken interagieren, was ich beides ganz wichtig finde. Frauen geraten da schnell ins Hintertreffen. Aber ich habe den Eindruck, dass sich da was bewegt und die Frauen aufholen. Auch rate ich Frauen, stärker zwischen Sachebene und Emotionen zu unterscheiden. Sachliche Kritik ist eine Chance, die Frauen nicht nutzen können, wenn sie mit Enttäuschung reagieren und sich zurückziehen.
Annette Loechelt leitet die Abteilung Personalservice bei der Provinzial Rheinland. Als Rechtsanwältin hat sie 2005 die Personalarbeit für sich entdeckt und in wechselnder Führungsverantwortung sämtliche personalrelevante Bereiche erlebt. Ihre Leidenschaft gilt der Auswahl und Entwicklung von Menschen sowie der Gestaltung unternehmensrelevanter Themen.