Digitale Vermögensverwaltung: So funktioniert's

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Anke Dembowski

Autorin

5. Oktober 2017

Einfach den Anlageempfehlungen eines Robo-Advisors folgen? herMoney sagt, was digitale Vermögensverwaltungen leisten.  

“Digitale Vermögensverwaltung” klingt nach schöner neuer Welt. Doch was ist es genau? Ganz einfach: Eine computergeführte Finanzberatung. Sie loggen sich ein, und der Computer fragt Sie nach Ihrem Einkommen, der Summe, die Sie anlegen möchten, wie viel Erfahrung Sie bereits mit Wertpapieren sammeln konnten, wie offen Sie Risiken bei der Kapitalanlage gegenüberstehen, etc. Auf Grund Ihrer Angaben schlägt der Algorithmus des Robo-Advisors ein Portfolio vor. Die Bestandteile des vorgeschlagenen Portfolios sind im Regelfall ETFs, weil sie kostengünstiger sind als aktiv verwaltete Fonds.

Ist Robo-Advice für Sie geeignet?

Um zu entscheiden, ob Sie lieber persönlich oder von einem Robo „beraten“ werden möchten, hängt davon ab, wie wichtig Ihnen der persönliche Kontakt ist. Überlegen Sie, wie es sich anfühlt, wenn man nicht mal eben bei seinem Berater oder seiner Beraterin anrufen kann, wenn etwas ist oder man etwas nicht versteht! Diese Überlegung gilt nicht nur, wenn Ihr Depot sich wunderbar entwickelt, sondern auch, wenn es an den Börsen kracht und der Wert Ihres Depots den Rückwärtsgang einlegt.

Beispielsweise berichtete der amerikanische Online-Broker Charles Schwab im Januar 2016, als die Börsen abwärts liefen, dass er seine Call-Center-Mitarbeiter 30% länger arbeiten lassen musste, weil die Kunden in einer solch schwierigen Phase offenbar doch lieber mit Menschen als mit Robos reden möchten.

Coaching by herMoney

Und wie sieht es aus mit der Qualität der Portfolio-Ratschläge? Ein Robo-Advisor fragt schematisch und unbeirrbar alles ab, was ein guter Berater auch fragen sollte, um Sie sinnvoll und individuell beraten zu können. Dabei vergisst der Robo keinen wichtigen Aspekt, denn der Algorithmus ist ja bei der Erstellung auf Herz und Nieren geprüft worden. Der Robo erstellt dann nicht nach Bauchgefühl, sondern nach aktuellen finanzwissenschaftlichen Theorien das Portfolio, das er Ihnen vorschlägt. Per Knopfdruck können Sie es dann auch umsetzen. Bei dem Anlagevorschlag kommen sowohl die moderne Portfolio-Theorie als auch Risiko-Optimierungs-Mechanismen zur Anwendung – es geht also äußerst professionell zu. Der Robo hat auch immer Zeit – egal ob nachts oder am Wochenende – solange Sie Zugang zu einem PC und zum Internet haben, können Sie Ihren Robo-Advisor erreichen.

Was so ein Robo allerdings nicht kann, ist sich mit Empathie in Ihre Situation hineinversetzen, Ihnen gut zureden, dass Sie vielleicht doch lieber einen Aktienfonds besparen als all Ihr Geld auf einem unterirdisch verzinsten Termingeld-Konto zu bunkern, Sie im wahrsten Sinne des Wortes „an die Hand“ nehmen.

Vergleich: So wählen Sie eine digitale Vermögensverwaltung aus

Wenn Sie sich dazu entschlossen haben, es einmal mit einem Robo-Advisor zu probieren, haben Sie die Qual der Wahl. Mittlerweile gibt es mehrere Dutzend digitale Vermögensverwalter. Manche heißen auch nur unterschiedlich, aber es steckt ein und derselbe Macher, d.h. ein und derselbe Algorithmus dahinter. Finanzberatungen und Banken können sich nämlich einen bestehenden Robo-Advisor „labeln“ lassen, so dass es aussieht, als sei es ihr eigener.

Kosten:
Die Anbieter der digitalen Vermögensverwaltungen möchten natürlich auch etwas verdienen. Die Kosten, die Sie für einen Robo-Advisor zahlen müssen, rangieren etwa zwischen 0,35 % und 0,95 % p.a., was immer noch kostengünstiger ist als eine personen-gebundene Vermögensverwaltung, deren Kosten eher ab 1,2 % p.a. beginnen.

Mindestanlagesumme:
Die Mindestsumme ist sicherlich ein Kriterium, das den einen oder anderen Robo ausschließt. Viele Robo-Advisor bieten ihre Dienstleistung bereits ab 5.000 oder 10.000 Euro Anlagesumme an; einige haben sogar noch geringere Mindest-Anlagesummen, andere legen erst ab 100.000 Euro los.

Die Historie der meisten Robo-Advisor reicht noch nicht sehr lang zurück, so dass Aussagen über die Wertentwicklung der Portfolios und ihrem Verhalten in Rückwärts-Phasen statistisch noch nicht aussagekräftig sind. Es gibt aber Robo-Advisor, die bisher von Magazinen und Kunden als kundenfreundlich und vielversprechend bewertet wurden.

Zum Beispiel:

  • Scalable Capital
  • Quirion
  • Whitebox
  • VisualVest
  • Fintego
  • vaamo
  • easyfolio
  • Ginmon
  • comdirect

Schauen Sie sich die Oberfläche des Robo-Advisors, den Sie in die engere Auswahl ziehen, an und „spielen“ Sie ein wenig damit herum!

Stiftung Warentest:
Die Stiftung Warentest hat sich einige digitale Vermögensverwaltungen angeschaut und auf Herz und Nieren geprüft. Das Ergebnis: Nicht alle Robos informieren die Anleger gleich gut. Eine digitale Vermögensverwaltung sollte zeigen, wie das Depot aufgebaut ist, und die voraussichtliche Entwicklung darstellen. Auch Risiken und Kosten sollten deutlich werden. Alle Testergebnisse finden Sie hier.

Dem Trend zur Roboterisierung werden wir alle nicht entkommen können. Zumindest über kurz oder lang wird auch Ihre Lieblingsberaterin aus Fleisch und Blut computergestützt arbeiten, um der Komplexität Herr zu werden. Und einen Vorteil bringen die Robo-Advisor auf jeden Fall: Sie sind eine ernst zu nehmende Konkurrenz zu Finanzberatern aus Fleisch und Blut und üben Druck auf all jene aus, die individuelle Kundenportfolios zusammenstellen.

Persönliche Berater müssen künftig darlegen, inwiefern sie besser und individueller beraten als ihre Robo-Kollegen, und ob sie eventuelle Mehrkosten gegenüber einem Robo-Advisor rechtfertigen können. Als Konsequenz könnten die Beratungsqualität steigen und die Beratungskosten sinken – so haben wir alle etwas davon!

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Anke Dembowski

Autorin

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Geschäftsführerin des Netzwerks „Fondsfrauen".