Mikrofinanzfonds: Mehr als Rendite

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Birgit Wetjen

Autorin

30. Januar 2018

Mit Investments in Mikrofinanzfonds helfen Sie den Ärmsten der Armen beim Aufbau einer Existenz. Und verdienen Geld damit!

Sie war 18 Jahre alt, als ihre Familie sie einem Hühnerfarm-Betreiber versprach. Ihr Mann hielt sie wie eine Sklavin und ließ sie rund um die Uhr im Stall schuften. Erst als die Farm pleite ging, hat es die junge Frau geschafft, sich zu befreien und eine eigene Existenz aufzubauen – dank eines Mikrokredites der Mann Deshi Bank, einer indischen Finanzkooperative. Heute steht Vanita Pise als Unternehmerin auf eigenen Beinen, für ihr Engagement ist sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden.

Im Podcast erklärt Edda Schröder, Expertin für Nachhaltigkeit, was es mit Mikrofinanzfonds auf sich hat:

Hilfe zur Selbsthilfe

Ein Leben in Armut und Abhängigkeit: Rund drei Milliarden Menschen auf der Erde müssen mit weniger als 2 US-Dollar pro Tag auskommen. Die überwiegende Mehrheit davon sind Frauen. Wie aber können sie sich aus der Armut befreien? ´Schenkst Du einem Armen einen Fisch, so wird er einen Tag lang satt sein. Schenkst Du ihm eine Angel und erklärst ihm, wie er sie nutzen kann, wird er nie mehr hungern müssen`, so lautet ein Sprichwort. Die Wirkung von kurzfristiger Hilfe hat eine kurze Halbwertzeit. Wer eine Existenz aufbauen will, benötigt vor allem eins: Kapital.

„In manchen Ländern hat ein Großteil der Bevölkerung jedoch gar keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen“, sagt Andreas Reiffenstein, Gründer und Geschäftsführer des Start-Ups “UHURU Microfinance Consulting GmbH. Für große Finanzinstitute erscheint die arme Klientel in den meist ländlichen Gegenden in den Entwicklungsgebieten nicht profitabel genug. Wer dennoch Kapital bekommt, wird häufig förmlich ausgequetscht. Five to Six – also morgens fünf Dollar leihen, und abends sechs Dollar zurückzahlen – ist gängige Praxis. Damit haben Gewerbetreibende keine Chance, sich aus dem Würgegriff der Abhängigkeit zu befreien.

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Bezahlbares Kapital erforderlich

Mohammed Yunus bewies, dass es auch anders geht. Zu Beginn der 70er Jahre, damals als Professor für Volkswirtschaftslehre an der Chittagong University in Bangladesch, schickte Yunus seine Studenten in die Slums. Dort haben sie untersucht, ob die Fisch-Theorie auf Finanzgeschäfte übertragbar ist. Sie ist. Yunus gründete die Grameen Bank und begann, Kleinstkredite – sogenannte Mikrokredite – an mittellose Frauen zu vergeben. Das Kalkül des Ökonomen, der für sein Engagement 2006 den Friedensnobelpreis erhielt, ging auf. Ob Nähmaschine, Material oder Saatgut: Kleinstbeträge reichen aus, um eine Existenz zu gründen. Millionen Menschen in Asien, Afrika oder Lateinamerika konnten sich seitdem Dank Kleinstkrediten aus Armut und Abhängigkeit befreit – zum Großteil Frauen.

„Mit Kleinstkrediten erhalten die Menschen Hilfe zur Selbsthilfe und damit die Möglichkeit, ihren Lebensstandard aus eigener Kraft zu verbessern“, sagt Edda Schröder. Die erfolgreiche Bankerin, die ihre Karriere bei JP Morgan Asset Management begann und später in verantwortlicher Position beim britischen Fondsanbieter Schroeders gearbeitet hat, hat sich 2006 selbständig gemacht, um ihre umfangreiche Erfahrung im Finanzsektor mit sozialen Zielen in Einklang zu bringen. Invest in Visions gehört zu den Wegbereitern von Mikrofinanzanlagen in Deutschland – 2011 hat das Unternehmen mit dem IIV Mikrofinanzfonds den ersten Fonds dieser Anlageklasse auf den deutschen Markt gebracht, der auch für Privatanleger investierbar ist.

So funktionieren Mikrofinanzfonds

Mikrofinanzfonds vergeben das von den Anlegern investierte Kapital an ausgewählte Mikrofinanzinstitute (MFIs) in Entwicklungsländern. Dabei werden die Partner-Institute in der Regel nach strengen finanziellen und sozialen Kriterien ausgewählt, überwiegend aus der Gruppe etablierter Non-Banking Financial Institutions (NBFIs), Non-Governmental Organisations (NGOs) und Genossenschaftsbanken. Die Rückzahlungsquote liegt weit über 90 Prozent, in manchen Regionen sogar nahe 100 Prozent.

„Die von uns ausgewählten Mikrofinanzinstitute stellen den Kreditnehmern nicht nur Kapital zur Verfügung, sondern unterstützen sie beispielsweise im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen“, sagt Schröder. Und meistens sind es Frauen, die zu den angesetzten Schulungen kommen und sich dann als Unternehmerinnen behaupten. „Sie tragen Verantwortung für die Familie und die Ausbildung der Kinder und nehmen ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kreditgeber sehr ernst“, so die Invest in Visions-Chefin.

Frauen erhalten bevorzugt Kredite

In Indien, Süd-Ost-Asien, Afrika, Lateinamerika, Osteuropa und anderen Regionen zählen Frauen deshalb zu den bevorzugten Kreditnehmern, die in der Regel mit den Klein- und Mikrokrediten eine geschäftliche Existenz aufbauen und diese erfolgreich, oft mit Folgekrediten erweitern. „Eine hohe Frauenquote entspricht landläufig auch einem geringeren Ausfallrisiko – basierend auf jahrzehntelangen Erfahrungen in praktisch allen Kulturkreisen in den Entwicklungsgebieten“, sagt Andreas Reiffenstein, dessen Unternehmen Mikrofinanzinstitute in der Sub-Sahara berät, damit sie alle notwendigen Regularien erfüllen, die von deutschen und europäischen Investoren gefordert sind.

Markt und Moral – „das ist kein Widerspruch“, meint Reiffenstein. Privatinvestoren, könnten sogar eine mehrfache Rendite erwirtschaften: die monetäre Rendite, die bei Investmentfonds derzeit im niedrigen einstelligen Bereich liegt, sowie die soziale Rendite, die auf das Ziel der Armutsbekämpfung einzahlt. „Tue Gutes und verdiene damit!“, so Reiffenstein.

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Birgit Wetjen

Autorin

Birgit Wetjen ist Volkswirtin, Finanzjournalistin und Buchautorin. Sie ist überzeugt: Geldanlage ist nicht weiblich oder männlich – aber Frauen haben Berührungsängste und gehen anders an Geldthemen ran.