Unterhalt im Wechselmodell berechnen: Wer zahlt was?

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Wenn sich Paare trennen, können sie sich durch das Wechselmodell die Betreuung des Nachwuchses teilen. Wie das finanziell läuft.

Inhalt

Unterhalt im Wechselmodell: Das Wichtigste in Kürze

Bei einem 50:50-Model, dem sogenannten „echten“ Wechselmodell, teilen sich die Eltern nicht nur die Betreuung, sondern auch den Unterhalt. Das funktioniert nur, wenn beide an einem Strang ziehen.

Auch wenn das Kind zwei Wochen im Monat beim Vater ist, kann es sein, dass die Mutter Unterhalt für das Kind erhält oder zahlen muss. Grundsätzlich leistet derjenige mit mehr Einkommen einen Ausgleich.

Das Kindergeld steht den Eltern zu gleichen Teilen zu. Aber wer im Rahmen eines unechten Wechselmodells (z.B. 60:40) mehr betreut, kann auch mehr Unterhalt bekommen.

Für die Berechnung des Unterhalts ist es sehr wichtig zu wissen, ob es sich um ein echtes oder unechtes Wechselmodell handelt. Schauen wir uns also zunächst die verschiedenen Varianten an.

Paritätischer Unterhalt: Was ist ein 50:50-Wechselmodell und welche Varianten gibt es?

Betreut ein Elternteil das Kind überwiegend allein und die oder der Ex übt lediglich ihr Umgangsrecht aus, bezeichnen das die Juristen als „Residenzmodell“. Beim Residenzmodell erfüllt der betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht allein dadurch, dass er oder sie das Kind in der eigenen Wohnung betreut, es verköstigt und erzieht. Der nicht betreuende Elternteil zahlt Kindesunterhalt für Essen und Trinken, Wohnen und Kleidung.

Doch dies passt nicht mehr zu den heutigen Zeiten, in denen meist beide Elternteile einem Beruf nachgehen. Die Antwort ist das Wechselmodell. Hier kümmern sich beide Elternteile zu gleichen Teilen um Tochter oder Sohn.

Variantes des echten Wechselmodells: Wo wohnt das Kind?

Beim Nestmodell ist das gemeinsame Familienheim der Ausgangspunkt. Wie der Name schon andeutet, sind die Kinder immer in derselben Wohnung. Die Eltern tauschen regelmäßig und teilen sich die Betreuung. Der Gedanke dahinter: Das Kind bleibt in seiner gewohnten Umgebung.

Doch das ist in der Praxis eher selten durchführbar, da der ständige Wohnungswechsel für die Eltern sicher kein Spaß ist und natürlich auch mehr Kosten verursacht. Die gängigste Form ist daher das sogenannte Pendlermodell, bei dem der Nachwuchs zwischen den elterlichen Wohnungen pendelt.

„Dafür, welche Form des Umgangs angeordnet wird, ist immer maßgeblich, welche Regelung dem Kindeswohl am besten dient“, erläutert Meltem Kolper-Deveci, Fachanwältin für Familienrecht bei der bundesweit agierenden Kanzlei Rose & Partner. „Für die Frage der Anordnung des Wechselmodells ist die Erziehungseignung beider Elternteile, die Bindung des Kindes an beide Eltern, die Prinzipien der Förderung und der Kontinuität, aber auch die konkreten Rahmenbedingungen wie die örtliche Nähe der Elternwohnungen zueinander, die Schule, die Kita etc. sowie der Kindeswille zu beachten.“

Natürlich müssen auch beide Eltern bereit sein, nicht weit voneinander zu wohnen und vor allem miteinander zu kommunizieren. Tauschen sie sich nicht mehr persönlich aus, kann das dazu führen, dass kein echtes Wechselmodell ausgeübt werden kann.

Unterhalt im unechten Wechselmodell: Was passiert bei einer 60:40- oder 70:30-Betreuung?

Des Weiteren wird zwischen einem „echten Wechselmodell“ unterschieden, das von einer Aufteilung von nahezu 50:50 ausgeht, und einem „unechten Wechselmodell“, bei dem das Kind beispielsweise im Verhältnis 70:30 oder 60:40 von den Eltern betreut wird. Dabei sollte aber auch die Qualität der Betreuung mit einbezogen werden und der zeitliche Aufwand für Verwaltungsaufgaben für das Kind.

„Ein Wechselmodell liegt nach juristischer Definition vor, wenn keiner der Eltern den Hauptteil der Betreuung übernimmt und die Eltern sich diese hälftig teilen. Das muss nicht exakt gleichwertig sein, geringe Abweichungen sind erlaubt“, sagt Kolper-Deveci. Alles andere wäre ein erweiterter Umgang. Zum Beispiel, wenn das Kind 20 Tage im Monat bei der Mutter und 10 Tage beim Vater verbringt.

„Der reelle zeitliche Aufwand ist ein Indiz im Falle eines Streitfalls, ob hier ein paritätisches Wechselmodell vorliegt oder nicht“, so die Fachanwältin für Familienrecht von Rose & Partner. Als Orientierung gibt die Juristin folgende Faustregel aus: „Bei einem im Vergleich zum Residenzmodell derart erweiterten Umgang spricht man etwa ab einer Betreuungsquote von 1:3 zu 2:3 von einem unechten Wechselmodell.“

Letztendlich gibt es keine höchstrichterlichen Entscheidungen, wann welche Quote zugrunde gelegt wird. Also kommt es im Streitfall auf den Richter an.

Unterhalt im unechten Wechselmodell

Wenn ein Elternteil das Kind häufiger betreut als der andere, gilt die übliche Unterhaltsregelung. Wer überwiegend betreut, bekommt den vollen Barunterhalt, der sich nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet (siehe Tabelle unten).

Für einen gewissen Teil, also beispielsweise 30:70, könnte der Elternteil, der den geringeren Betreuungsanteil der Kinder übernimmt, den Barunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle eventuell kürzen. Doch die Entscheidung trifft das Familiengericht.

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Unterhalt im 50:50-Wechselmodell berechnen: So geht’s

Bei einem echten Wechselmodell leisten beide Elternteile den gleichen Beitrag zum Unterhalt des Kindes durch Betreuung, somit besteht auch für beide Eltern eine Barunterhaltspflicht.

Nach den derzeitigen Regeln wird der Unterhalt beim Wechselmodell nach den folgenden Anhaltspunkten berechnet:

  • Es werden beide bereinigten Netto-Einkünfte zusammengerechnet. Unter dem bereinigten Netto-Einkommen sind die Gesamteinkünfte (Lohn, Mieteinnahmen etc.) abzüglich bestimmter notwendiger Ausgaben und Verbindlichkeiten (Altersvorsorge, Schulden, berufsbedingte Aufwendungen etc.) zu verstehen.
  • Dann wird der Unterhaltsbetrag nach der berühmten „Düsseldorfer Tabelle“ ermittelt. Hier ein Auszug (Stand 01.01.2023):
Nettounterhalt beider Elternteile in € Unterhaltsanspruch eines 0- bis 5-jähriges Kindes Unterhaltsanspruch eines 6- bis 11-jähriges Kindes Unterhaltsanspruch eines 12- bis 17-jähriges Kindes Unterhaltsanspruch ab 18 Jahren
bis 1.900 437 € 502 € 588 € 628 €
1.901 – 2.300 459 € 528 € 618 € 660 €
2.301 – 2.700 481 € 553 € 647 € 691 €
2.701 – 3.100 503 € 578 € 677 € 723 €
3.101 – 3.500 525 € 603 € 706 € 754 €
3.501 – 3.900 560 € 643 € 753 € 804 €
3.901 – 4.300 595 € 683 € 800 € 855 €
4.301 – 4.700 630 € 723 € 847 € 905 €
4.701 – 5.100 665 € 764 € 894 € 955 €
5.101 – 5.500 700 € 804 € 941 € 1.005 €
5.501 – 6.200 735 € 844 € 988 € 1.056 €
  • Dazu addiert sich eine Summe, die für den Mehraufwand der doppelten Betreuung angenommen wird. Das könnten vermehrte Fahrtkosten oder Kosten für die doppelte Einrichtung des Kindes sein.
  • Dieser Summe wird dann der angemessene Selbstbehalt von 1.370 Euro abgezogen, der sich aus dem bereinigten Nettoeinkommen des jeweiligen Elternteils ergibt.
  • Die Summe wird in Relation der beiden Einkommen gesetzt.

Das Ergebnis ergibt den Barunterhalt, den der mehrverdienende Elternteil ausgleichen muss.

Übrigens: Unterhalt ist auch zu zahlen, wenn das Kind eine Ausbildung macht. Wie viel Unterhalt bei einem Ausbildungsgehalt von 800 Euro zu zahlen ist, zeigen wir dir hier. Auch Studenten haben ein Recht auf Unterhalt!

Unterhalt im Wechselmodell: Rechner geben erste Orientierung

Wer selbst nicht rechnen will, findet im Internet Unterhaltsrechner, zum Beispiel hier. Damit erhält man zwar ein schnelles Ergebnis, aber es ist eher als grober Überblick zu verstehen. Die genaue Berechnung ist komplexer.

Beispiel für die Berechnung des Unterhalts im echten Wechselmodell

Nehmen wir an, eine Mutter verdient 2.800 Euro netto, der Vater 3.000 Euro. Die Addition ergibt 5.800 Euro. Ist die Tochter 11 Jahre alt, stünden dem erziehenden Elternteil nach der Düsseldorfer Tabelle 804 Euro an Kindesunterhalt zu. Dazu werden noch die Mehrkosten gerechnet. Die belaufen sich in unserem Beispiel auf 200 Euro. Damit wird ein Betrag von 1.004 Euro zugrunde gelegt.

Sodann wird berechnet, wie sich dieser „Betrag” auf die beiden Elternteile aufteilt. Zu diesem Zweck zieht man vom bereinigten Nettoeinkommen jedes Elternteils (also nach Abzug von berufsbedingten Aufwendungen und unterhaltsrechtlich anrechenbarer Ausgaben und Schulden) den notwendigen Selbstbehalt ab und setzt die verbleibenden Beträge in Relation zueinander.

Das bedeutet, wir ziehen von beiden Einkommen 1.650 Euro ab. Übrig bleiben bei der Mutter also 1.150 Euro, beim Vater 1.350 Euro. Das wären insgesamt 2.500 Euro Einsatzbetrag, der nun im Verhältnis zum Einkommen aufgeteilt wird – und zwar nach der Quote 1.150:1.350.

Doch der Betrag muss nicht so ausgezahlt werden, wenn das Kind den halben Monat bei Mutter beziehungsweise Vater wohnt. Diese Kosten, die das Kind verursacht, werden von dem Betrag abgezogen. Allerdings müssen sich beide Eltern darüber einig sein, was für das Kind investiert wird. Kauft die Mutter dem Kind neue Schuhe, der Vater hält dies aber nicht für nötig, kann der Betrag nicht angerechnet werden. Über das Kindergeld verfügen bei einem echten Wechselmodell beide Elternteile.

Die Berechnung des Unterhalts beim Wechselmodell ist kompliziert. Seid ihr unsicher, könnt ihr den Unterhalt durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin oder durch das Jugendamt festlegen lassen.

Aber was passiert mit dem Unterhalt im Wechselmodell, wenn ein Elternteil auf einmal nicht mehr leistungsfähig ist?

Mutter hat kein Einkommen? Folgen für den Unterhalt beim echten Wechselmodell

Kann ein Elternteil den Unterhalt nicht in der Höhe leisten, wie er sollte, da er kein Einkommen hat, ist das Wechselmodell sehr ungerecht. Denn der, der einen Verdienst vorweisen kann, kann trotzdem die Unterhaltszahlung seitens des „einkommensschwächeren“ Partners geltend machen.

Was tun, wenn der Vater oder die Mutter nicht zahlt?

Doch was passiert mit dem Unterhalt, wenn die oder der Ex nicht zahlt, aber das gemeinsame Sorgerecht paritätisch geregelt ist? Dann muss der Elternpart, bei dem das Kind in der Obhut ist, die Unterhaltszahlung durchkämpfen.

Da aber beide den gleichen Anspruch haben, raten JuristInnen dazu, einen Ergänzungspfleger zu beantragen oder die gerichtliche Übertragung der Entscheidungsbefugnis über die Geltendmachung von Kindesunterhalt auf einen Elternteil allein einzuklagen. Eine weitere Option wäre, das Jugendamt einzuschalten. Gibt es keine solche Relais-Funktion, ist der Gang zum Anwalt Pflicht.

Doch um alle Möglichkeiten abzuwägen, sollte man sich gut über die Unterhaltsregularien informieren. Daher haben wir ein kleines FAQ vorbereitet.

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FAQ: Kindesunterhalt beim Wechselmodell

Kann ich einfach so auf das Wechselmodell umsteigen, wenn es vorher andere Regelungen gab?

Hatte man zuvor eine „normale“ Absprache, also Mutter hütet und erzieht das Kind, Vater besucht und verwöhnt, muss ein Wechsel von einem Residenz- in ein Wechselmodell abgesegnet werden. „Der Gesetzgeber möchte im Interesse des Kindeswohls ein Hin und Her vermeiden. Die Abänderung einer bestehenden Umgangsregelung ist deshalb nur möglich, wenn dies aus triftigen das Kindeswohl nachhaltig berührenden Gründen angezeigt ist“, sagen die Juristen von Rose & Partner. Sie haben die Vor- und Nachteile hier zusammengestellt.

Ändert sich der Unterhalt beim Wechselmodell, wenn ein neuer Partner ins Spiel kommt?

Nein, denn der Kindesunterhalt bleibt von einem neuen Partner oder einer erneuten Eheschließung unberührt. Es sei denn, das Kind wird adoptiert.

Was ist, wenn das Kind beim Vater lebt? Muss die Mutter zahlen?

Ja, der Partner, der getrennt lebt, hat seinen Anteil an Unterhalt als Barunterhalt (also in dem Fall an den Vater) zu entrichten.

Wann kann der Unterhalt gekürzt werden?

Ist das Kind länger als fünf Tage beim getrennten Elternteil, könnte derjenige, der den Unterhalt als Barunterhalt leistet, einen geringen Betrag für die Tage abziehen, die über diese Zeitspanne hinaus gehen. Eine Reduzierung des Unterhaltes geht nicht, wenn das Kind jedes Wochenende beim Vater ist.

Wenn einer der Eltern arbeitslos wird und seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommen kann, muss sie oder er nachweisen, dass er sich bemüht, eine neue Beschäftigung zu finden. Kommt er dem nicht nach, wird die Höhe des Unterhalts nach dem angenommenen Einkommen berechnet.

herMoney Tipp

Wenn sich die Eltern die Betreuung der Kinder nicht hälftig aufteilen, könnten im Streitfall Probleme entstehen. „Bei einem unechten Wechselmodell bleibt es generell bei der gesetzlichen Regelung, dass der hauptsächlich betreuende Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung erfüllt und die Barunterhaltspflicht allein den weniger betreuenden Elternteil trifft. Dies kann insbesondere dann zu Ungerechtigkeiten führen, wenn beinahe ein echtes Wechselmodell praktiziert wird und dem weniger betreuenden Elternteil somit fast der gleiche finanzielle und tatsächliche Aufwand anfällt wie dem mehr betreuenden Elternteil, aber allein der Letztere verantwortlich bleibt“, sagt die Fachanwältin für Familienrecht Meltem Kolper-Deveci. Darum wäre es gut, in friedlichen Zeiten der Partnerschaft eine Lösung festzulegen.

Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Trotz sorgfältiger Recherche kann herMoney keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar.

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Christiane Habrich-Böcker

Christiane Habrich-Böcker ist langjährige Wirtschafts- und Nachrichtenredakteurin. Sie publizierte unter anderem für den Finanzen Verlag und schrieb für Euro am Sonntag und Börse Online.