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Generali & Co.: Wenn Lebensversicherungen verkauft werden

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Anke Dembowski

Autorin

1. Mai 2021

Immer wieder ist davon zu hören, dass Lebensversicherungsbestände verkauft werden sollen – was sollten Kunden tun?

Du bist Kundin einer Gesellschaft, über die in der Presse steht, dass sie ihren Versicherungsbestand bald verkaufen will? Dann fragst du dich vielleicht, was das für dich bedeutet. herMoney gibt dir hier die Antwort!

Inhalt

Versicherungen haben mit Niedrig-Zinsen zu kämpfen

Welche Versicherungen “unattraktive” Verträge verkaufen

Was soll ich als Kundin jetzt tun?

herMoney-Tipp

Versicherungen haben mit Niedrig-Zinsen zu kämpfen

Lebensversicherungsgesellschaften haben es zurzeit schwer. In der Vergangenheit hatten sie in ihren Verträgen hohe Zinsversprechen abgegeben, an die sie sich nun halten müssen. Als die Versicherer die Zusagen gemacht haben, fiel es ihnen nicht schwer, drei oder vier Prozent zu erwirtschaften, denn die Zinsen lagen damals etwa doppelt so hoch.

Aber jetzt verzinsen sich 10-jährige deutsche Staatsanleihen, die als besonders sicher gelten, mit einem negativen Zinssatz von -0,47 Prozent. Die Versicherungsunternehmen haben zwar noch Anleihen von früher im Bestand, die entsprechend höhere Zinsen zahlen. Aber nach und nach laufen diese Altbestände aus und alle Gelder, die sie jetzt neu investieren, verzinsen sich nur noch mickrig oder sogar negativ. Je länger die Niedrigzins-Phase anhält, desto schwerer fällt es den Versicherungsunternehmen, ihre damals abgegebenen Versprechen von 3,0,  3,5 oder sogar 4,0 Prozent zu halten.

Die Versicherer sehen der Problematik natürlich nicht tatenlos zu, sondern sie haben neue Produkte kreiert, die besser zur aktuellen Zins-Situation passen. Diese sind mit weniger Garantien und mehr Beteiligung an der Kapitalmarkt-Entwicklung ausgestattet.

Die Allianz hat im Oktober 2020 beispielsweise eine Lebensversicherung auf den Markt gebracht, bei der es keine 100-prozentige Beitragsgarantie mehr gibt. Bei ihren neuen Lebens- und Rentenpolicen garantiert der Platzhirsch nur noch 60, 80 oder 90 Prozent der gezahlten Beiträge. Mehr kann es schon geben, aber dieses „Mehr“ wird eben nicht garantiert. Es ist davon auszugehen, dass die anderen Versicherer bald nachziehen. Dafür haben die Häuser zum Teil den Vertrieb ihrer alten Produkte eingestellt.

Welche Versicherungen “unattraktive” Verträge verkaufen

So kommt es, dass bestimmte Versicherungstarife kein Neugeschäft mehr haben, weil die Versicherer ihr neues Geschäft in andere Tarife lenken. Hier spricht man von „Run Off“: Es kommen keine neuen Kunden mehr hinzu, aber nach und nach fallen die bestehenden Kunden weg – durch Fälligkeit oder Kündigung.

Irgendwann wird ein solcher Tarif, der nur noch „ausläppert“, unattraktiv für den Versicherer. Er muss den immer kleiner werdenden Bestand schließlich verwalten, von einem Aktuar rechnen lassen und die Kapitalanlage bestreiten. Das Gesetz der großen Zahlen gilt auch nicht mehr, d.h. die Risiken werden nicht mehr so gut verteilt.

Versicherer haben zwei Möglichkeiten, wenn die Weiterführung eines Lebensversicherungs-Tarifs für das Unternehmen nicht mehr rentabel ist: Sie können die Bestände im eigenen Haus bis zur Fälligkeit weiterführen oder die Bestände an ein anderes Versicherungsunternehmen übertragen, das sie dann weiterführt.

Denn anders als bei Sachversicherungen, wo die Unternehmen die Verträge meistens jährlich kündigen können, müssen Lebensversicherer die Verträge bis zum vertragsgemäßen Ende weiterführen, und das kann mitunter Jahrzehnte dauern. Eine einseitige Kündigung durch die Versicherungsgesellschaft ist in diesem Bereich nicht möglich – Vertrag ist Vertrag!

Im Frühjahr 2014 übertrug die Ergo Direkt ihre Riester-Bestände an die Hanse Merkur, und im März 2014 teilten Skandia Deutschland und Skandia Österreich mit, dass sie ihre Bestände an die Heidelberger Leben verkaufen würden. Anfang 2018 ließ die Axa verlauten, dass sie rund 260.000 Policen an die Frankfurter Leben übertragen wird – hier ging es allerdings nicht um private Versicherungsverträge, sondern um betriebliche Altersvorsorge.

Die Generali Leben übertrug 2019 rund 3,8 Millionen Verträge an den Bestandsabwickler Viridium. Der Versicherungsgigant Ergo hatte ebenfalls Pläne für einen externen Run-off der alten, klassischen Tarife, hat sich dann aber dazu entschlossen, die Bestände auf eine eigene Run-off-Plattform zu übertragen.

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Was soll ich als Kundin jetzt tun?

Was solltest du also tun, wenn du eine Lebensversicherungspolice hast, die an einen anderen Versicherer übertragen werden soll? Zunächst einmal: Ruhe bewahren! Du hast die Wahl: bleiben oder Kündigen. Es ist kein Drama, wenn ein Versicherungsbestand verkauft wird.

Das neue Versicherungsunternehmen, das den Bestand aufnimmt, muss alle zugesagten Versprechen einhalten – sonst würde die Versicherungsaufsicht der Übertragung nicht zustimmen. Bei den über die Garantie hinausgehenden Erträgen – der sogenannten Überschussbeteiligung – musst du eventuell Abstriche machen. Aber die waren ohnehin nicht garantiert.

Dein ursprünglicher Versicherer möchte wahrscheinlich durchaus Neugeschäft machen – wenn auch in anderen Tarifen. Um ein gutes Image zu haben, wird er sich womöglich bemühen, auch für die alten Tarife, die kein Neugeschäft mehr bringen, gute Überschüsse zu erzielen.

Das Versicherungsunternehmen, das die Bestände übernimmt, hat hingegen nicht den Ansporn des Neugeschäfts, denn hier handelt es sich meistens um Gesellschaften, die sich auf externe Run Offs spezialisieren, also kein Neugeschäft anstreben. Allerdings arbeiten sie oft effizienter, weil sie moderne IT-Systeme haben und daher weniger Kosten produzieren als die abgebenden Unternehmen. Erwarte also nicht viel mehr als die Garantie-Leistungen – die können in der heutigen Zinssituation aber ganz interessant sein.

Wenn du einen alten Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag hast, ist das eigentlich eine gute Sache. Je nachdem, welcher Zins dir damals versprochen wurde. Maximal können es 4,0 Prozent gewesen sein, wenn du die Police zwischen Juli 1994 und Juni 2000 abgeschlossen hast.

Bei einem Neuabschluss jetzt würden Versicherer maximal 0,9 Prozent pro Jahr garantieren. Und es gibt Stimmen, die für einen Abschluss einer Versicherung ab Januar 2022 nur noch für eine maximale Garantiezusage von 0,25 Prozent sind. Also: Nicht vorzeitig einen alten (noch relativ hoch verzinslichen) Vertrag kündigen, und dann einen neuen abschließen, der eine viel niedrigere Garantie hat.

herMoney-Tipp

Prüfe, welches Garantieversprechen dein bestehender Vertrag hat. Wenn es 3,0,  3,5 oder sogar 4,0 Prozent sind, dann ist das nicht schlecht, denn heute gibt es viel weniger. Bei Neuverträgen werden nur noch 0,9 % garantiert, und du musst bei Kündigung und Neu-Abschluss erneut Abschlusskosten zahlen. Der übernehmende Versicherer muss die alten Garantie-Versprechen einhalten.

Ob er darüber hinaus großartige Überschüsse verteilt, ist fraglich, aber das würde der ursprüngliche Versicherer angesichts der Zinssituation womöglich auch nicht. Tendenz also: eher bleiben! Lass es doch das Problem der Versicherungsgesellschaft sein, woher sie die hohen Zinsen bekommt, und nicht deins.

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Anke Dembowski

Autorin

Anke Dembowski ist Finanzjournalistin und Autorin verschiedener Investmentfonds- und anderer Finanzbücher. Sie ist außerdem Mit-Geschäftsführerin des Netzwerks „Fondsfrauen".