Private fondsgebundene Rentenversicherung: Steuern zahlen oder sparen?
4. Juni 2024
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5. November 2024
Im Frühjahr 2024 wurde das Rentenpaket II vorgestellt, bald soll die Reform verabschiedet werden. Worum es geht, was daran kritisiert wird und wie der aktuelle Stand ist.
Schon länger steht das deutsche Rentensystem in der Kritik. Die große Frage dabei: Wir der Generationenvertrag auch in Zukunft halten und wie sicher ist die Rente? Schließlich wird auch die Gesellschaft in Deutschland tendenziell älter. Sprich: Weniger BeitragszahlerInnen rücken nach, um das System zu stützen.
Schaut man über den nationalen Tellerrand, sieht man Länder wie die Niederlande, Norwegen und Schweden, die schon länger auf den Aktienmarkt setzen, um ihre Rentensysteme zu stärken. Ein spannendes Modell, das seit dem Frühjahr 2024 auch unsere Bundesregierung für uns adaptieren möchte. Dafür stellten Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) im März das Rentenpaket II vor.
Die Idee dahinter: Das Geld der Rentenversicherung nicht nur sicher, sondern auch gewinnbringend anzulegen, damit unsere Renten im Alter weiter gezahlt werden können. Theoretisch eine gute Idee, praktisch stößt das neue Rentenpaket II auf viel Kritik. Auch in der Bundesregierung ist seit dem Entwurf für das neue Rentenpaket II eine hitzige Diskussion entbrannt. Doch was bedeutet das Rentenpaket II genau?
Herzstück der im Frühjahr 2024 vorgestellten Rentenreform ist die Absicherung des Rentenniveaus. Für uns bedeutet das, dass der Anteil unseres ehemaligen Durchschnittseinkommens, den wir im Ruhestand erhalten, nicht wie befürchtet auf 45 Prozent absinkt, sondern bei 48 Prozent bis zum 01. Juli 2039 stabilisiert wird. Eine spürbare Erleichterung für alle fleißigen RuheständlerInnen. Für die Finanzierung soll ein zusätzliches Standbein geschaffen werden.
Die gesetzliche Rente wird in Deutschland aktuell aus zwei Quellen finanziert: den Beiträgen der aktuellen ArbeitnehmerInnen und den Zuschüssen des Bundes. Diese insgesamt rund 110 Milliarden Euro Zuschuss für die Rentenkasse fressen dem Bundesfinanzministerium (BMF) zufolge bereits jetzt rund ein Viertel des Bundeshaushalts.
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Soll das Versprechen eines Rentenniveaus von 48 Prozent eingehalten werden, blicken wir für 2035 auf ein mögliches Loch von 34 Milliarden Euro in unserer Rentenkasse, wie Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigen. Was das für uns bedeutet? Es heißt, dass wir, die BeitragszahlerInnen, zusammen mit einem zusätzlichen Beitrag des Bundes, tiefer in die Tasche greifen müssten – ein Plus von 26,3 Milliarden Euro auf unserer Seite und weitere 8 Milliarden vom Staat. In der Konsequenz würde das bedeuten, dass unser Beitragssatz von 18,6 Prozent auf über 22 Prozent bis 2039 klettern müsste.
Dieser Anstieg der Beitragssätze setzt – laut den Plänen der Ampel-Regierung – bereits in wenigen Jahren ein: Schon ab dem Jahr 2028 werden wir vor einer Anpassung stehen, damit das Rentenniveau nicht unter die kritische Grenze von 48 Prozent fällt. Bis zum Jahr 2035 soll der Rentenbeitrag auf 22,3 Prozent ansteigen. Wie hoch die Beiträge nach dem Jahr 2039 ausfallen werden, prüft die Bundesregierung im Jahr 2035. Bei Bedarf erarbeitet sie dann nochmal neue Maßnahmen, um das Rentenniveau auch über das Jahr 2040 hinaus zu stabilisieren.
In diesem Kontext hat die Regierung die „Stiftung Generationenkapital“ geschaffen – ein Fonds, der in den Kapitalmarkt investieren und seine Gewinne in unsere Rentenkasse fließen lassen soll. Die Hoffnung dahinter ist, dass wir den steigenden Beiträgen dadurch etwas entgegenwirken können. Das Generationenkapital soll sowohl aus Darlehen als auch durch Eigenmittel des Bundes finanziert werden. Tatsächlich geht die Bundesregierung davon aus, dass dank der Erträge des Generationenkapitals der Rentenbeitragssatz bis 2045 stabil bleiben könnte. Ab 2036 soll das angelegte Generationenkapital jährlich durchschnittlich zehn Milliarden Euro zur Stabilisierung der Rentenkasse beitragen. Ein kühner Plan, der zeigt, dass wir nach innovativen Wegen suchen, um unsere Renten für die Zukunft abzusichern. Das Rentenpaket II soll daher noch bis Ende 2024 verabschiedet werden.
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Allerdings wurde das Rentenpaket II bei einer kürzlichen Expertenanhörung scharf kritisiert. Der Bundesrechnungshof warnt vor einem Anstieg der Rentenausgaben um zusätzlich 500 Milliarden Euro bis 2045 und einem möglichen Beitragssatz von bis zu 22,7 Prozent. Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) befürchtet eine Gesamtbelastung der Bruttolöhne durch Sozialbeiträge auf rund 50 Prozent, was sowohl ArbeitnehmerInnen als auch Unternehmen stark belasten würde.
Die Stiftung Generationenkapital, die zur Entlastung beitragen soll, wird ebenfalls in Frage gestellt. Sowohl die Deutsche Rentenversicherung als auch der Bundesrechnungshof zweifeln, ob die Erträge ausreichen, um den Beitragssatz zu stabilisieren. Selbst bei einem Fondsvolumen von 366 Milliarden Euro bis 2045 wären die Erträge unzureichend. Zudem können die Gelder erst investiert werden, wenn die Stiftung gegründet ist – und das ist erst nach der Verabschiedung des Rentenpakets II möglich.
Innerhalb der FDP gibt es zudem Uneinigkeit. Parteichef Christian Lindner hält das Paket für abgeschlossen, wie er in einem ARD-Interview erklärt. Während andere, wie Johannes Vogel, Änderungen fordern. Die SPD lehnt zusätzliche Rentenbeiträge für das Generationenkapital ab, sodass der Ausgang der internen Diskussionen noch offen ist. Auch technische Änderungen am Gesetz sind damit noch weiterhin möglich.
Das kürzlich vorgestellte Rentenpaket II ist also vor allem ein Spiegelbild politischer Kurzsichtigkeit. Es präsentiert sich als ein wohlmeinender Versuch, Altersarmut entgegenzuwirken, indem es Rentenniveaus stabilisiert. Aber kratzt man an der Oberfläche, so offenbart sich ein umstrittenes Umverteilungsprogramm: von der arbeitenden Jugend hin zu den Ruheständlern. Der Vorschlag der Ampel trifft auf viel Kritik: Die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, nannte das Rentenpaket II “nicht generationengerecht”. Es sei “nicht der benötigte große Wurf, um das Rentensystem langfristig zu stabilisieren”, so Schnitzer gegenüber der Rheinischen Post.
Schon ein Blick auf die Entwicklung der Bevölkerungsstruktur zeigt, dass unser Umverteilungsmodell wackelt. Während 1962 sechs Arbeitende für einen Rentner aufkamen, sind es heute nur noch zwei. Und mit dem Eintritt der Babyboomer ins Rentenalter wird diese Schieflage noch deutlicher. In unserer aktuellen demografischen Situation zeigt sich einfach, dass ein umlagefinanziertes System, das ein Rentenniveau von 48 Prozent halten will, mathematisch kaum haltbar ist.
Dass eine Reform der gesetzlichen Rente zwingend erforderlich ist, steht außer Frage. Um das Rentensystem langfristig abzusichern, sollten jedoch neben den Reformen des Rentenpakets II auch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um insbesondere die Kritik an der Umverteilung von Jung zu Alt auszugleichen.
Eine Möglichkeit wäre, verstärkt in Bildung, Qualifizierung und Infrastruktur zu investieren. Solche Investitionen würden nicht nur die Produktivität, sondern auch das Lohnniveau langfristig steigern, was wiederum zu höheren Rentenbeiträgen und somit zu mehr Einnahmen in der Rentenkasse führen würde.
Auch im Arbeitsmarkt steckt erhebliches Potenzial: Die Erwerbstätigkeit von Frauen und Geflüchteten könnte durch Reformen wie die Abschaffung des Ehegattensplittings und die Reduzierung von Minijobs gesteigert werden. Darüber hinaus könnten Maßnahmen wie die Anhebung des Renteneintrittsalters und die Erleichterung des Weiterarbeitens im Alter das Rentensystem entlasten. Darüber hinaus sind Anpassungen im Rentensystem notwendig, etwa durch eine bessere Absicherung von Geringverdienern, die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten sowie eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge.
Einige dieser Maßnahmen sollen im Rahmen des Rentenpakets III umgesetzt werden, doch bleibt bislang unklar, ob und wann diese Reformen letztlich realisiert werden.
Aber auch die private Altersvorsorge muss gestärkt werden, um die Eigenverantwortung der privaten Absicherung der Bürgerinnen und Bürger zu stärken. Tatsächlich arbeitet die Bundesregierung bereits an der Einführung des sogenannten Altersvorsorgedepots zum 01. Januar 2026.
Was es mit dem staatlich geförderten Altersvorsorgeprodukt genau auf sich hat, erfährst du in unserem Ratgeber: Lohnt sich das Altersvorsorgedepot? Die wichtigsten Infos
Das Rentenpaket II bietet für Frauen sowohl Chancen als auch Herausforderungen. Die Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent bis 2039 kann eine wichtige Absicherung darstellen, insbesondere da Frauen aufgrund von Teilzeitarbeit, Minijobs oder unbezahlter Care-Arbeit dem Statistischen Bundesamt zufolge häufig geringere Rentenansprüche haben.
In der Kritik um rund um das Rentenpaket II geht es nicht darum, den Älteren ihren verdienten Ruhestand zu missgönnen. Vielmehr sollte es um Fairness und nachhaltige Lösungen gehen. Wenn die Politik wirklich die Interessen aller Altersgruppen im Blick hätte, würden solche Reformen ein Gleichgewicht anstreben, statt eine Gruppe für die andere zahlen zu lassen.
Natürlich ist der Schritt hin zu einer kapitalgedeckten Rentenfinanzierung, wie er mit der „Stiftung Generationenkapital“ unternommen wird, ein bedeutender Fortschritt. Kritik zu üben ist immer die leichtere Übung und vorherige Bemühungen in diese Richtung sind gescheitert. Andererseits liegt es unverändert in der Verantwortung der politischen EntscheidungsträgerInnen, tragfähige und gerechte Lösungen zu entwickeln, die das Rentensystem langfristig stabilisieren und für alle Generationen fair sind.
Dass die Stimme der jüngeren Generation in der Politik oft ungehört bleibt, ist kein Geheimnis. Diese Tatsache hat sich allerdings selten so deutlich gezeigt wie in der aktuellen Situation. Der Umstand, dass die SPD – die sowohl den Bundeskanzler als auch den Arbeitsminister stellt – ihre politische Relevanz maßgeblich den älteren Wählergruppen verdankt, beleuchtet die Hintergründe ihrer politischen Entscheidungen. Enttäuschend ist dabei, dass sowohl die Grünen als auch die FDP, die traditionell stark bei jüngeren WählerInnen abschneiden, diesen Weg mitgehen. Die aktuelle Rentenpolitik spiegelt eine rückwärtsgerichtete Priorisierung wider: Es scheint, als ob die Sicherung bestehender Vorteile für ältere Generationen über die dringend notwendige Zukunftsgestaltung für die jüngere Generation gestellt wird. Dies zeugt von einer politischen Landschaft, in der der Fortschritt ins Stocken geraten ist.
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