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Viele Pflegebedürftige wissen nicht, dass ihnen der sogenannte Entlastungsbetrag zusteht. Wir erklären, wie viel Geld dir zusteht und wie es ausgegeben werden kann.
Ab Pflegegrad 1 steht Pflegebedürftigten der Entlastungsbetrag zu. Er kann zum Beispiel für Haushaltshilfen, Putzfrauen und in manchen Bundesländern auch für Unterstützung bei der Gartenarbeit genutzt werden.
Der Entlastungsbetrag beträgt monatlich 125 Euro (Stand: 2024). Er kann auch rückwirkend abgerufen werden. Bis zu 1.500 Euro im Jahr sind drin.
Beantragt wird der Entlastungsbetrag bei der Pflegekasse, indem der oder die Pflegebedürftige selbst, der Pflegedienst oder das Pflegeheim die Rechnungen einreicht. Weiter unten findest du einen gratis Vordruck, den du zusammen mit den Quittungen zur Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen (Pflegeversicherung) schicken kannst.
Der Entlastungsbetrag ist eine Leistung der privaten oder gesetzlichen Pflegeversicherung und steht Pflegebedürftigen aller Pflegegrad-Stufen (also von 1 bis 5) zu. Er ergänzt ambulante und teilstationäre Pflegeleistungen durch Haushaltshilfen oder andere Unterstützung im Alltag.
Ziel ist, dass Pflegebedürftige möglichst lange selbstbestimmt leben können. Auch sollen mit dem Geld pflegende Angehörige entlastet werden. Also zum Beispiel Familienmitglieder, die die in Wohnung der zu pflegenden Person Ordnung halten. Möglich ist also, dass Pflegebedürftige mit dem Entlastungsbetrag eine Putzfrau bezahlen, statt ihre Tochter um Hilfe zu bitten.
Übrigens: Wie viel Pflegegeld Angehörige bekommen, erfährst du hier.
Geschulte Ehrenamtliche oder professionelles Pflegepersonal kommen für einige Stunden nach Hause, um die dort anstehenden Aufgaben zu erledigen. Der Entlastungsbetrag kann aber auch in einer Pflegeeinrichtung genutzt werden. Mehr dazu im Abschnitt „Wofür kann der Entlastungsbetrag genutzt werden?“.
Alle Personen mit Pflegegrad 1 oder höher haben ein Recht auf den Entlastungsbetrag, der für alle Pflegegrade gleich ist. Er beträgt immer 125 Euro pro Monat beziehungsweise 1.500 Euro pro Jahr. Das Geld wird der versicherten pflegebedürftigen Person von der Pflegekasse oder dem privaten Versicherungsunternehmen ausgezahlt.
Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2 bis 5 müssen dabei keine Angst haben, dass der Entlastungsbetrag auf ihr Pflegegeld angerechnet wird. Es wird weiterhin ungekürzt ausgezahlt – auch dann, wenn der Entlastungsbetrag in jedem Monat beansprucht wird.
Übrigens: Wenn du den Entlastungsbetrag mal nicht komplett aufbrauchst, kannst du den restlichen Betrag ansparen und in den nächsten Monat oder sogar ins nächste Jahr übertragen. Allerdings muss er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres abgerufen werden.
Der Zuschuss kann in unterschiedlichen Bereichen als Ergänzung zur ambulanten oder teilstationären Pflege genutzt werden. Dazu gehören die folgenden Bereiche:
Der Entlastungsbetrag ergänzt die Regelleistungen der Kurzzeit-, Tages- oder Nachtpflege. Durch die zusätzlichen finanziellen Mittel ist es möglich, die Pflegeleistungen längere Zeit oder öfter in Anspruch zu nehmen.
Hat der oder die Pflegebedürftige den Entlastungsbetrag in den vergangenen Monaten nicht genutzt, kann er oder sie ihn auch einmalig für die oben beschriebenen Leistungen abrufen. Dann bekommt die Person statt der regulären 125 Euro monatlich einmalig den summierten Betrag von bis zu 1.500 Euro (pro Jahr). Abrechnen darf der oder die Pflegebedürftige auch Rechnungen über Transportkosten, Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten im Rahmen der Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege.
Auch pflegende Angehörige sollen durch den Betrag entlastet werden, zum Beispiel indem eine Putzfrau einmal im Monat die Reinigung der Wohnung der pflegebedürftigen Person übernimmt. Der Entlastungsbetrag lässt sich darüber hinaus mit anderen Geld- und Sachleistungen wie der Verhinderungspflege kombinieren. Mehr über Verhinderungspflege liest du in diesem Artikel.
Auch Leistungen der ambulanten Pflegedienste können durch den Entlastungsbetrag gedeckt werden. Egal ob die pflegebedürftige Person mit dem Pflegegrad 1 durch das Pflegepersonal gewaschen, angezogen, bewegt oder betreut wird. Dasselbe gilt für Hilfe im Haushalt.
Aufpassen müssen jedoch Personen mit den Pflegestufen 2, 3, 4 oder 5. Dienstleistungen durch den Pflegedienst, die im Zusammenhang mit den Leistungen aus dem Bereich der Selbstversorgung stehen (waschen, duschen, baden, aus- und anziehen, füttern usw.) können nicht über den Entlastungsbetrag bei der Pflegekasse erstattet werden. Diese Personengruppen nutzen dafür den „Pflegesachleistungsbetrag“.
Der Entlastungsbetrag kann für „niedrigschwellige Betreuungsangebote“ eingesetzt werden. So können Leistungen wie Hilfe im Haushalt, im Garten oder beim Einkaufen finanziert werden. Das Geld nützt aber auch all jenen, die die Teilnahme an einer Sport-, Sing- oder Bastelgruppe eines Wohlfahrtsverbandes oder regelmäßige Spaziergänge mit ehrenamtlichen Alltagshelfern bezahlen wollen.
Wofür der Entlastungsbetrag leider nicht eingesetzt werden kann, ist die nette Nachbarin, die mal einkauft, im Haushalt hilft oder nach dem Rechten sieht, denn es müssen sogenannte „qualitätsgesicherte Leistungen“ sein (es handelt sich dabei um zugelassene Betreuungsdienste im Sinne des §36 SGB XI oder nach dem jeweiligen Landesrecht anerkannte Angebote).
Beispiel 1: Der Entlastungsbetrag finanziert die Haushaltshilfe, wenn die Pflegeperson ausfällt.
Hat die zu pflegende Person den Entlastungsbetrag in den vergangenen Monaten nicht abgerufen, summiert sich das Geld, das der Person zusteht.
Nehmen wir einmal an, deine Mutter hat Pflegegrad 1. Du kümmerst dich hin und wieder um sie. Dann wirst du krank und kannst sie im Alltag nicht unterstützen. Deine Mutter überbrückt diese wenigen Tage, indem sie eine (anerkannte) Haushaltshilfe kommen lässt, die bei ihr aufräumt, sauber macht und die Wäsche aufhängt. Am nächsten Tag hat deine Mutter einen Termin bei einer Fachärztin in der 40 Kilometer entfernten Großstadt. Dorthin lässt sie sich von einem Fahrer des Pflegedienstes bringen. Insgesamt entstehen Kosten in Höhe von 300 Euro. Da deine Mutter in den vergangenen zwölf Monaten keinen Entlastungsbetrag erhalten hat, zahlt sie zunächst selbst, und bekommt dann von der Pflegekasse den vollen Betrag für Fahrtkosten und Haushaltshilfe erstattet (gegen Einreichung der Quittungen).
Beispiel 2: Regelmäßige Hilfe beim Putzen dank Entlastungsleistung
Vor allem Menschen mit Pflegegrad 1 wünschen sich eher Hilfe im Haushalt als in der körperlichen oder medizinischen Pflege. Nehmen wir an, Sabine möchte Unterstützung beim Putzen. Sie sucht daher eine Putzfrau, die bei einem zertifizierten Anbieter angestellt ist (nur dann kann sie ihre Leistungen über die Pflegekasse abrechnen). Schließlich wird sie fündig. Das freut Sabines Tochter Miriam, die bislang alle zwei Wochen zum Putzen vorbeikam. Jetzt kann sie die regelmäßigen Besuche nutzen, um mit ihrer Mutter spazieren zu gehen oder Karten zu spielen.
Sabine achtet darauf, das Budget im Blick zu behalten. Sie lässt die Putzfrau nur so oft kommen, bis der Entlastungsbetrag in voller Höhe ausgeschöpft ist (125 Euro pro Monat oder 1.500 Euro pro Kalenderjahr). Darüberhinausgehende Stunden muss sie aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen.
Sabine achtet darauf, das Budget im Blick zu behalten. Sie lässt die Putzfrau nur so oft kommen, bis der Entlastungsbetrag in voller Höhe ausgeschöpft ist (125 Euro pro Monat). Ansonsten müsste sie die zusätzlichen Stunden aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen.
Der Entlastungsbetrag kann für unterstützende Tätigkeiten sowie Leistungen im Haushalt oder außerhalb der Wohnung oder des Hauses der Pflegeperson aufgewendet werden. Dazu zählen haushaltsnahe Dienstleistungen wie
Achtung! Die Bundesländer handhaben die Angebote haushaltsnaher Dienstleistungen teilweise unterschiedlich. Die Verbraucherzentrale weist beispielsweise darauf hin, dass nicht alle Bundesländer Anbieter von Gartenarbeit zulassen. Wenn du also zum Beispiel Pflegegrad 1 hast und deinen Entlastungsbetrag für das Zurückschneiden deiner Hecke nutzen möchtest, solltest du dich vorher bei deiner zuständigen Pflegekasse informieren, ob du diese Dienstleistungen abrechnen lassen kannst.
Zertifizierte Anbieter, deren Leistungen von der Pflegekasse erstattet werden, findest du zum Beispiel auf der Website der Pflegestützpunkte. Du kannst dich auch direkt an deine Pflegekasse oder deine private Pflegeversicherung wenden, um eine Empfehlung zu erhalten. Fündig wirst du darüber hinaus zum Beispiel bei ambulanten Pflegediensten, die auch haushaltsnahe Dienstleistungen anbieten.
In der Praxis ist es oft gar nicht einfach, auf die Schnelle einen anerkannten Dienstleister zu finden, und die Stundensätze sind deutlich höher als das, was die nette Nachbarin oder Freundin verlangen würde. 125 Euro im Monat sind daher schnell verbraucht.
Private Haushaltshilfen sind in der Regel nicht zertifiziert und können daher nicht über den Entlastungsbetrag abgerechnet werden. Das gilt übrigens für alle Privatpersonen, auch für Angehörige und Bekannte. Wenn jemand aus deinem Bekanntenkreis gerne kleinere Tätigkeiten wie Putzen oder Ähnliches übernehmen möchte, könntet ihr prüfen, ob es in der Nähe einen anerkannten sozialen Helfer- oder Nachbarschaftsdienst gibt. Wird dein Bekannter dort tätig, kannst du für seine Dienste den Entlastungsbetrag in Anspruch nehmen.
Dass für den Entlastungsbetrag nur anerkannte Dienste eingesetzt werden können, dürfte der Grund sein, warum längst nicht alle, denen diese Leistung zusteht, diese auch in Anspruch nehmen. Eine große Umfrage, die der Sozialverband VdK dazu einmal durchgeführt hat (immerhin haben sich daran 56.000 Menschen beteiligt), ergab: 80 Prozent der Befragten nutzen den Entlastungsbetrag nicht.
Wer einen Pflegegrad hat und den Entlastungsbetrag beanspruchen möchte, geht folgendermaßen vor:
Es ist demzufolge sehr wichtig, dass alle Rechnungen und Quittungen von den Pflegediensten aufgehoben werden! Wer auf Nummer Sicher gehen möchte, klärt vorher mit der Pflegekasse ab, ob die geplante Verwendung erstattet werden kann.
Stationäre und teilstationäre Pflege
Ist dein Angehöriger oder deine Angehörige – zumindest zeitweise – im Pflegeheim untergebracht, rechnet das Heim die Leistungen in der Regel selbst mit der Pflegekasse ab. Hier brauchst du also im Regelfall nicht in Vorleistung zu gehen.
Ambulante Pflege
Wer sich von einem Pflegedienst unterstützen lässt, kann diesem eine „Abtretungserklärung“ aushändigen. Dann rechnet der Pflegedienst die erbrachten Leistungen direkt mit der Pflegekasse ab. So muss die zu pflegende Person nicht erst in Vorleistung gehen. Achte darauf, dass der Pflegedienst dir regelmäßig eine Übersicht darüber ausstellt, welche Leistung zu welchem Preis abgerechnet worden ist!
Wer einen Pflegegrad hat, seinen Entlastungsbetrag aktuell jedoch noch nicht abruft, verzichtet auf „geschenktes Geld“. Um einen Überblick zu bekommen, wie viele Stunden welcher Leistungen und Dienstleister in Anspruch genommen werden können, lohnt es sich in der Regel, gemeinsam mit den PflegeberaterInnen der Pflegekassen einen „Vorsorgeplan“ zu erstellen. So sehen alle Beteiligten auf einen Blick, welche Beträge für welche Leistungsarten monatlich zur Verfügung stehen.
Zum Weiterlesen: Wer übernimmt eigentlich die Pflegekosten? Hier erfährst du es!
Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Trotz sorgfältiger Recherche kann herMoney keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar.
Dieser Artikel wurde ursprünglich von Saskia Weck am 29.11.2022 verfasst und zuletzt am 18.01.2024 von Anke Dembowski aktualisiert.