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Weltfrauentag: Rentenansprüche und Kita-Plätze statt Rabattcodes

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Floriana Hofmann

8. März 2023

Neue Zahlen zeigen: Auch am Weltfrauentag 2023 ist für die Gleichberechtigung noch viel zu tun. Ein Kommentar.

„20 % Rabatt zum Weltfrauentag“ oder „Bei jeder Bestellung bis 8.3. eine Handcreme geschenkt“: Seit einigen Wochen bekomme ich regelmäßig Newsletter, Instagram-Werbung und sogar Postsendungen, die mir anlässlich des Internationalen Feministischen Kampftages – wie der 8.3. auch bezeichnet wird – irgendetwas verkaufen vollen.

Ist es das, was Frauen brauchen? Rabattcodes und geschenkte Handcremes? „Frauen brauchen einen Beruf und eigenes Geld, damit sie bei einem Partner bleiben können, aber nicht müssen,“ sagte Helma Sick, die Ikone der Frauen-Finanz-Bewegung im Interview mit herMoney.

Noch immer sieht es hier aber nicht besonders rosig aus. Anlässlich des Weltfrauentages kommen viele neue Studien und Zahlen zu Gender Pay Gap, Gender Pension Gap und Co. heraus. Das Statistische Bundesamt (Destatis) stellte einen ganz neuen Indikator vor, den Gender Gap Arbeitsmarkt.

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Dabei sollen Unterschiede in Bruttostundenverdiensten, Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern gemessen werden. „Neben der Verdienstlücke pro Stunde macht er Unterschiede in der bezahlten monatlichen Arbeitszeit (Gender Hours Gap) und in der Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern (Gender Employment Gap) sichtbar,“ heißt es bei Destatis.

Der Gender Gap Arbeitsmarkt lag den Erhebungen zufolge 2022 bei 39 Prozent. „Frauen verdienen weniger pro Stunde, arbeiten häufiger in Teilzeit und nehmen seltener überhaupt am Erwerbsleben teil,“ so Destatis in seiner Pressemitteilung.

Der Gender Pay Gap misst lediglich den Unterschied beim Einkommen und lag 2022 bei 18 Prozent, bereinigt bei sieben Prozent.

„Aber dann kommt das erste Kind“

Insbesondere die hohe Teilzeitquote sehen die Forscher als Hauptursache für die Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern. Das messen sie mit der sogenannten Gender Hours Gap: Demnach gingen Frauen 2022 im Schnitt 18 Prozent weniger Stunden einer bezahlten Arbeit nach als Männer. Bis zum Alter von 30,5 Jahren – dem Zeitpunkt, an dem Frauen im Durchschnitt ihr erstes Kind bekommen – war der Unterschied noch nicht so gravierend. Erst danach gehen die Kurven drastisch auseinander: Frauen verringerten die bezahlte Arbeitszeit, Männer hingegen weiteten ihre bezahlte Arbeitszeit sogar aus.

Nach Ergebnissen des Mikrozensus arbeiteten 2021 fast zwei Drittel (63,6 Prozent) der Mütter von Kindern, die im gemeinsam Haushalt leben, in Teilzeit. Die Väter nur zu knapp sieben Prozent.

Das sind Zahlen, die viele von uns aus ihrem Alltag kennen dürften. Das berichtet auch Helma Sick aus ihrer persönlichen Praxis. Die Geburt des ersten Kindes sei der Knackpunkt im Leben vieler Frauen, sagte sie im Interview. „Ein Paar fühlt sich vorher gleichberechtigt, möchte eine Beziehung auf Augenhöhe. Aber dann kommt das erste Kind.“

Sick rät Frauen, bereits vor der Schwangerschaft mit dem Partner zu sprechen und darauf zu drängen, die Elternzeit zu teilen. „Danach steigen beide über eine etwas höhere Teilzeit wieder ein, und arbeiten auch bald wieder in Vollzeit. Aber natürlich stimmen die Rahmenbedingungen dafür immer noch nicht. Der Staat muss dafür noch einiges tun, damit die Kinder gut betreut sind.“

Ist das nicht möglich, beispielsweise wegen der Betreuungssituation oder „weil die Männer ja soo wichtig in ihrem Job seien“, empfiehlt Sick: „Die Frau sollte sich von der Deutschen Rentenversicherung ausrechnen lassen, was die – verlängerte – Elternzeit mit ihrer künftigen Rente macht. Die meisten erschrecken, wenn sie sehen, wieviel es ausmacht, wenn man fünf oder zehn Jahre zuhause bleibt. Ich rate dann den Frauen, diese Fakten dem Partner zu zeigen und darauf zu bestehen, dass er das aus seinem Einkommen ausgleicht.“

Gender Pension Gap bei 29,9 Prozent

Durchschnittswerte gibt es dazu auch ganz frisch vom Statistischen Bundesamt: Demnach bezogen Frauen ab 65 im Jahr 2021 ein Drittel weniger an Alterseinkünften als Männer – die sogenannte Gender Pension Gap. „Frauen erwerben im Laufe ihres Erwerbslebens im Schnitt geringere Rentenansprüche, weil sie teilweise in schlechter bezahlten Branchen arbeiten als Männer. Frauen arbeiten zudem häufiger in Teilzeit, nehmen häufiger und längere Auszeiten für Care-Arbeit und sind seltener in Führungspositionen tätig.“

  • Alterseinkünfte Frauen ab 65: 17.814 Euro brutto im Jahr
  • Alterseinkünfte Männer ab 65: 25.407 Euro brutto im Jahr

Alterseinkünfte: Alters- und Hinterbliebenenrenten und -pensionen sowie Renten aus individueller privater Vorsorge, Quelle: Destatis


Diese neuen Zahlen dürften für die Wenigsten eine Überraschung sein. Dennoch ist es wichtig, sie sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Um zu sehen, welche finanziellen Auswirkungen bestimmte Entscheidungen im Leben einer Frau haben. Um sich selbst bewusst zu machen, ob und wie man dem entgegensteuern kann: Indem man sich, wie von Helma Sick empfohlen, mit dem Partner die Elternzeit teilt oder auf einen Ausgleich bei den Rentenansprüchen drängt. Und, weil sie Druck auf die Politik auswirken, die strukturellen Rahmenbedingungen – beispielsweise mehr Kita-Plätze und bessere Bezahlung für ErzieherInnen – endlich zu verbessern.

Es ist wichtig, dass es einen Tag wie den Weltfrauentag gibt. Nicht, damit Firmen ihr Geschäft mit Rabattcodes oder kleinen Geschenken ankurbeln können. Sondern damit das Thema Ungleichbehandlung von Frauen die Öffentlichkeit erfährt, die es benötigt!

herMoney Tipp

Die neuen Zahlen, insbesondere zum Gender Pension Gap, machen dir Angst? Du möchtest aktiv für deine Rente vorsorgen? Wir von herMoney helfen dir dabei. Entweder du informierst dich auf eigene Faust, beispielsweise mit unserem Rentenguide. Oder du kommst in unser herMoney Coaching, bei dem wir mit dir gemeinsam daran arbeiten, deine Rentenlücke zu schließen.

Zum Weiterlesen: 1911 gingen Millionen Menschen für das Frauenwahlrecht auf die Straße – mit Erfolg. Doch ist eine Gratulation zum Frauentag angebracht? In diesem Artikel erfährst du es.

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Floriana Hofmann

Die Finanzjournalistin Floriana Hofmann war Content Lead bei herMoney. Sie schreibt seit mehreren Jahren für Finanzmedien über Aktien und Börsenthemen. So war sie etwa beim Finanzen Verlag als "Leitung Digital" für die Online-Redaktion von "Börse online" und "Courage" verantwortlich.