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Konjunkturzyklus einfach erklärt: So wirken sich die Phasen auf dein Depot aus

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Floriana Hofmann

1. Juni 2023

Dein Depot schwankt mit den Phasen des Konjunkturzyklus. Wir erklären, wie du sie gezielt nutzen kannst, um dein Depot bestmöglich aufzustellen.

Inhalt:

Konjunkturzyklus einfach erklärt: Das Wichtigste in Kürze

Der Konjunkturzyklus besteht aus vier Phasen: Aufschwung (Expansion), Hochkonjunktur (Boom), Abschwung (Rezession) und Tief (Krise).

Wenn die Wirtschaft langfristig wächst, kann sie sich selbst an einem Tiefpunkt positiv entwickeln.

Deutschland befindet sich laut neuesten Zahlen in einer Rezession. Die Wirtschaftsleistung ist zu Jahresbeginn 2023 erneut geschrumpft.

Konjunkturschwankungen beeinflussen die Gewinne vieler Unternehmen. Sinnvoll ist es, in Abwärtsphasen nicht in Panik alle ETFs zu verkaufen, sondern die Flaute auszusitzen.

In Zeiten hoher Inflation, einem Krieg in Europa und schwankender Aktienkurse werden die Einordnungen großer Wirtschaftsinstitute mit großem Interesse verfolgt. An den Börsen rund um den Globus hoffen die MarktteilnehmerInnen, aus den Konjunkturdaten die künftige Zinsentwicklung abschätzen zu können. Im politischen Diskurs werden gute oder schlechte Konjunkturnachrichten als Argument für oder gegen bestimmte Maßnahmen genutzt. Und auch im privaten Umfeld wird diskutiert, was denn eigentlich steigende Energiepreise und hohe Lebensmittelkosten mit dem eigenen Geldbeutel im Speziellen und der Wirtschaft im Generellen machen.

Dass es mit der Wirtschaft mal nach oben und mal nach unten geht, ist ganz normal: Hier spricht man vom sogenannten Konjunkturzyklus oder Wirtschaftszyklus. Es gibt allerdings derzeit auch einiges, das ganz und gar nicht normal ist, und bei vielen für Verunsicherung sorgt. All dem geht herMoney in diesem Artikel nach.

Definition: Was ist ein Konjunkturzyklus?

Die Bundeszentrale für politische Bildung erklärt den Konjunkturzyklus als den Zeitraum, „in dem die wirtschaftliche Entwicklung die einzelnen Konjunkturphasen von einem Aufschwung bis zum nächsten Aufschwung durchläuft. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung vollzieht sich dabei mit gewisser Regelmäßigkeit in Wellenbewegungen oder zyklischen Schwankungen (Konjunkturschwankungen).“

Auf Phasen mit steigenden Wachstumsraten (Aufschwünge) folgen demnach Phasen mit sinkenden Wachstumsraten (Abschwünge):

Eine wichtige Messgröße für die Konjunktur und für die Einordnung, an welchem Punkt sich eine Gesellschaft gerade befindet, ist das Bruttoinlandsprodukt. Man spricht hier auch von einem Indikator. Mit dem Bruttoinlandsprodukt wird die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum gemessen. Dabei wird der Wert aller im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen ermittelt (Wertschöpfung), sofern sie nicht als Vorleistung für weitere Waren oder Dienstleistungen verwendet werden. In Deutschland errechnet das Statistische Bundesamt das BIP alle drei Monate – die Daten werden dann auf der entsprechenden Website veröffentlicht.

Weitere Indikatoren für den Konjunkturzyklus sind dem Statistischen Bundesamt zufolge beispielsweise die Arbeitslosenquote, die Außenhandelsbilanz, die privaten Konsumausgaben oder die Verbraucherpreise.

Wie ein Konjunkturzyklus idealerweise abläuft, verdeutlicht folgende Grafik. Du siehst: Die Wirtschaftsleistung bewegt sich wellenförmig.

Die Wirtschaftsschwankungen als Konjunkturzyklus:

Allerdings bedeutet das auch, dass sich die Wirtschaft nicht nach oben entwickelt. Die oberen Wendepunkte befinden sich auf gleichem Niveau. Man spricht daher auch von einem Stagnationspfad.

Idealerweise befindet sich eine Wirtschaft aber auf einem sogenannten Wachstumspfad. Dann folgt die Konjunktur einem langfristigen Wachstumstrend. Hier gibt es per Definition auch die bekannte Wellenbewegung, aber die Wendepunkte liegen jeweils höher:

Wirtschaftszyklus im Wachstumstrend:

Was sind die vier Phasen des Konjunkturzyklus?

Die Merkmale der einzelnen Phasen eines Konjunkturzyklus lassen sich leicht auf den Punkt bringen:

  1. Aufschwung (Erholung, Expansion)
  2. Hochkonjunktur (Boom, Prosperität)
  3. Abschwung (Rezession)
  4. Tief (Krise, Depression)

Ein Konjunkturzyklus wird beendet, wenn diese vier Phasen einmal vollständig durchlaufen worden sind.

Konjunkturzyklus mit vier Phasen:

Zur Vereinfachung wurde der Stagnationspfad gewählt.

Die Phasen des Konjunkturzyklus im Detail

  1. Aufschwung (Erholung, Expansion): In dieser ersten Phase wächst die Wirtschaft sehr stark. Die Nachfrage und der Konsum steigen. Die Unternehmen investieren kräftig und weiten ihre Produktion aus. Dadurch werden viele ArbeiterInnen benötigt, weshalb die Arbeitslosigkeit sinkt.
  2. Hochkonjunktur (Boom, Prosperität): Nach dem Aufschwung kommt es zum Boom. Hier ist die Nachfrage sehr hoch, Preise und Löhne steigen, die Produktion ist voll ausgelastet. Es besteht dadurch das Risiko, dass die Inflation stark steigt – was die Wirtschaft abwürgen und zur Rezession führen kann.
  3. Abschwung (Rezession): Im Wirtschaftsabschwung sinkt die Nachfrage, die Produktivität geht zurück. Löhne stagnieren, teilweise steigt sogar die Arbeitslosigkeit.
  4. Tief (Krise, Depression): Eine lange Rezession kann in eine Depression münden. Hier bleibt die Nachfrage niedrig, die Unternehmen erwarten niedrige Gewinne und investieren kaum. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. In dieser Phase sinken dann häufig die Preise (Deflation).

Nach dem Tief geht es aber auch wieder nach oben: Die KonsumentInnen kaufen wieder mehr, die Nachfrage steigt – der Zyklus beginnt mit der Aufschwungsphase erneut.

Ein Tief muss übrigens nicht immer in eine schwere Wirtschaftskrise müden. Denn bestenfalls befindet sich die Wirtschaft auf einem Wachstumspfad. Selbst in einem Tief kann die Wirtschaftsleistung positiv bleiben (gelb markiert):

Konjunkturzyklus: In welcher Phase befindet sich Deutschland aktuell?

Bis jetzt waren wir sehr theoretisch. Gehen wir nun also in die Praxis, indem wir den Konjunkturzyklus anhand des Beispiels Deutschland betrachten.

Rückblick

Nach der Finanzkrise 2008 befand sich die Wirtschaft sowohl weltweit als auch in Deutschland in der Rezession. Die Arbeitslosigkeit war hoch, die Nachfrage gering. Um die Wirtschaft anzukurbeln, griff die Politik mit Konjunkturpaketen ein: Kannst du dich zum Beispiel noch an die sogenannten „Abwrackprämie“ von 2009 erinnern? Wer ein neues Auto kaufen wollte, bekam vom Staat eine Geldspritze von 2.500 Euro. Das führte dazu, dass die Autoverkäufe massiv anstiegen.

Und auch über die – für Deutschland sehr wichtige – Autobranche hinaus stieg die Nachfrage wieder. Die Wirtschaft erholte sich (Aufschwung). Die Boom-Phase startete ExpertInnen zufolge Mitte der 2010er-Jahre. Die Corona-Pandemie 2020 würgte die Wirtschaft jäh ab, es folgte eine (kurze) Rezession.

Mit den Aufhebungen der Corona-Beschränkungen erholte sich die Wirtschaft schnell wieder. Aber dann begann Russland im Februar 2022 den Angriffskrieg in der Ukraine. Dadurch steigen die Energiepreise in Rekordhöhen und auch die Inflationsraten sind so hoch wie selten. Die Notenbanken rund um den Globus hoben die Leitzinsen an, um die Inflation in den Griff zu bekommen. Ein Ende der Zinserhöhungen ist noch nicht in Sicht. Steigende Zinsen dämpfen in der Regel die Konjunktur. Die Inflation wirkt sich massiv auf den Konjunkturzyklus aus.

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Wo befindet sich Deutschland 2023 im Konjunkturzyklus?

Die große Frage, die sich derzeit viele stellen: Befinden wir uns schon in einer Rezession oder kommt sie noch? Um sich einer Antwort zu nähern, ein kurzer Exkurs zum Thema „Rezession“: Man spricht dann von einer Rezession, wenn die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen hintereinander schrumpft. Nach aktuellem Stand befindet sich Deutschland in einer Rezession:

Bruttoinlandprodukt Deutschlands in Prozent:

2022 / Q1 1,0
2022 / Q2 -0,1
2022 / Q3 0,5
2022 / Q4 -0,5
2023 / Q1 -0,3

Quelle: Destatis, Stand 26.05.23, Veränderung gegenüber dem Vorquartal; preis-, saison- und kalenderbereinigte Zahlen; Gesamtjahr 2022: 1,9

Wie lange dauert ein Konjunkturzyklus?

Die Dauer des Konjunkturzyklus beträgt in Deutschland rund vier bis fünf Jahre. Hier handelt es sich jedoch um Durchschnittswerte, die das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermittelt hat. Kürzere und längere Intervalle kommen durchaus vor.

Ausblick: Zukünftiger Trend des Konjunkturverlaufs

Einer Antwort auf die Frage, wie es mit der Wirtschaft weitergeht, kann man sich am besten über Konjunkturprognosen nähern. Unterschiedliche Institutionen veröffentlichen sie regelmäßig. Eine Auswahl der jüngsten Erwartungen (Stand: 19.05.2023):

Bundesregierung: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) geht davon aus, dass das BIP in diesem Jahr um 0,4 Prozent wächst. „Die deutsche Wirtschaft erweist sich nach der Corona-Krise auch in der Energiekrise als anpassungs- und widerstandsfähig“, sagte er Ende April, als er die Prognose um 0,2 Prozentpunkte anhob. Für 2024 erwartet er ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent.

Internationaler Währungsfonds (IWF): Die ExpertInnen des IWF hingegen zeigten sich jüngst skeptischer. Den Erwartungen zufolge dürfte die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr in etwa stagnieren. Von 2024 bis 2026 dürfte es dann um jeweils ein bis zwei Prozent nach oben gehen. Auf lange Sicht hingegen dürfte das durchschnittliche Wachstum bei unter einem Prozent liegen. Als Belastungsfaktoren macht der IWF die alternde Bevölkerung, die fehlenden Produktionszuwächse und die Engpässe auf dem Arbeitsmarkt aus.

ifo (Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München): Optimistischer schätzte Mitte März das ifo-Institut die Lage für 2024 ein. Die Wirtschaftsforscher rechnen mit einem Wachstum von 1,7 Prozent im kommenden Jahr. Die Inflationsrate dürfte auf 2,2 Prozent fallen und sich damit wieder auf einem normalen Niveau bewegen. In diesem Jahr dürfte sich das BIP auf dem Niveau des Vorjahres halten, was eine Stagnation bedeuten würde.

Institut für Weltwirtschaft IfW Kiel: In ihrer Frühjahrsprognose teilten die Experten des IfW Kiel mit, dass sie für das laufende Jahr ein BIP-Wachstum von 0,5 Prozent erwarten. Für 2024 rechnen sie mit einem Plus von 1,4 Prozent. „Der Konjunkturkompass zeigt wieder nach oben, allerdings bleibt die Aufwärtsdynamik verhalten“, sagte Stefan Kooths, Vizepräsident und Konjunkturchef des IfW Kiel. „Die zuletzt deutlich rückläufigen Gaspreise stimulieren die Konjunktur hierzulande zunächst nur wenig, sie entlasten vor allem den Staatshaushalt, der nun mit weniger Subventionen im Rahmen der sogenannten Energiepreisbremsen einspringen muss. Im Ergebnis ersetzen nun niedrigere Importpreise den Impuls staatlicher Energiesubventionen, was konjunkturell ähnlich wirkt.“

Was die Phasen des Konjunkturzyklus für BörsianerInnen bedeuten

Konjunkturschwankungen können starke Auswirkungen auf die Märkte haben, unter anderem weil sie die Unternehmensgewinne beeinflussen. Sinkt beispielsweise bei einer Firma der Gewinn oder auch nur die Gewinnerwartung, sinkt dadurch auch das Vertrauen der InvestorInnen und damit der Aktienkurs. Steigen hingegen die Gewinne, steigt in der Regel auch der Aktienkurs.

Zudem kann durch die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Aussichten auch die Volatilität steigen.

Aber auch das Verhalten der Notenbanken in den jeweiligen Konjunkturphasen kann sich stark auf die Aktienmärkte auswirken. Steigen die Zinsen, ist das in der Regel schlecht für Aktien, da dadurch die in der Zukunft liegenden Gewinne stärker abgezinst werden. Außerdem müssen die Unternehmen mehr Geld für Zinszahlungen ausgeben, was die Gewinne schmälern kann.

Es sind aber nicht alle Unternehmen gleichermaßen von den konjunkturellen Schwankungen betroffen: Beispielsweise können zyklische Branchen wie die Automobilindustrie oder der Bau in Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs stark unter Druck geraten, während defensive Bereiche wie die Gesundheitsbranche tendenziell widerstandsfähiger sein können.

Diese Branchen sind in den unterschiedlichen Phasen des Konjunkturzyklus stark, was unterschiedliche Chancen und Risiken bedeutet:

Wie reagieren AnlegerInnen am besten auf die einzelnen Phasen des Konjunkturzyklus?

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit bevorzugen viele InvestorInnen risikoärmere Anlagestrategien und nichtzyklische Branchen (dazu gehören etwa die Gesundheits- und die Versicherungsbranche). Einige erhöhen auch die Cash-Position.

In Panik zu geraten und gleich alle Aktien und ETFs zu verkaufen, weil sich eine Rezession ankündigt, dürfte allerdings keinen Sinn machen.

Zum Weiterlesen: Mehr zum Thema Geldanlage in der Rezession findest du in diesem Artikel.

In wirtschaftlich starken Phasen hingegen neigen InvestorInnen häufiger zu mehr Risiko und legen ihr Geld auch gerne in riskanteren Produkten an.

Unser Credo: Ruhe bewahren – in allen Phasen des Konjunkturzyklus. Wer breit aufgestellt ist und langfristig investiert, der kann kurzzeitige Schwankungen locker aussitzen.

herMoney Tipp

In wirtschaftlich schwachen Phasen, in denen es an den Aktienmärkten tendenziell nach unten geht, kann sich ein Sparplan besonders lohnen: Denn bei niedrigen Kursen kaufst du mehr Anteile als bei hohen Kursen (Cost-Average-Effekt). Die besten ETF-Sparpläne findest du hier.

Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Trotz sorgfältiger Recherche kann herMoney keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar.

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Floriana Hofmann

Die Finanzjournalistin Floriana Hofmann war Content Lead bei herMoney. Sie schreibt seit mehreren Jahren für Finanzmedien über Aktien und Börsenthemen. So war sie etwa beim Finanzen Verlag als "Leitung Digital" für die Online-Redaktion von "Börse online" und "Courage" verantwortlich.