Selbstständige Frauen haben mal gute und mal schlechte Verdienstjahre. Sie brauchen daher eine möglichst flexible Altersvorsorge.
Inhalt
Das Wichtigste in Kürze
Bestimmte Berufsgruppen sind über berufsständische Versorgungswerke oder die Künstlersozialkasse abgesichert.
Für alle anderen gilt: Selbstdisziplin ist gefragt. Möglichkeiten gibt es viele – von privaten Rentenversicherungen bis hin zu ETF-Sparplänen.
Selbstständige können sich auch freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung absichern. Das System ist bewährt, weit verbreitet und häufig besser als sein Ruf.
Flexibilität ist toll, aber so sehr wir alle Flexibilität lieben, so schwierig ist leider die Sache mit der Selbstdisziplin: Vielen von uns fällt es schwer, Geld für die Altersvorsorge zurückzulegen, wenn wir nicht dazu gezwungen werden. Wir stellen dir deshalb verschiedene Möglichkeiten vor.
Berufsständische Versorgungswerke und Künstlersozialkasse
Wenn du als Existenzgründerin oder Selbstständige in freien Berufen wie in den Bereichen Medizin, Architektur, Rechtswesen oder Beratung tätig bist, musst du nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sein. Stattdessen bist du verpflichtet, einem berufsständischen Versorgungswerk beizutreten.
Für bestimmte Berufsgruppen, zum Beispiel selbstständige IngenieurInnen oder PsychotherapeutInnen, gibt es sogar spezielle Pflichtversorgungswerke. In Deutschland profitieren wir von 85 solcher Versorgungswerke, deren Beiträge steuerlich gefördert werden – genau wie die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Als Künstlerin oder Publizistin wirst du über die Künstlersozialkasse (KSK) versichert, die eine spezielle Einrichtung für kreative Berufe darstellt. Hier zahlst du Beiträge für deine Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung ein. Das Großartige daran: Du musst nur die Hälfte der üblichen Beiträge zahlen – die andere Hälfte übernimmt die KSK für dich.
Diese Unterstützung wird durch Bundeszuschüsse und die Künstlersozialabgabe finanziert. Letztere wird von Unternehmen entrichtet, die künstlerische und publizistische Arbeiten nutzen. So genießt du als Kreativschaffende den Vorteil reduzierter Beiträge, ohne auf umfassenden Versicherungsschutz verzichten zu müssen.
Gesetzliche Rentenversicherung
Viele Selbstständige, die sozialversicherungsbefreit sind und keinem Versorgungswerk angehören, entscheiden sich freiwillig für die Deutsche Rentenversicherung. Du bist dann Teil des deutschen Umlagesystems, die jetzigen BeitragszahlerInnen kommen also für die jetzigen RentnerInnen auf.
Das System ist bewährt, weit verbreitet und häufig besser als sein Ruf – unter anderem, weil es sehr geringe Kosten hat. Problematisch ist allerdings die demografische Entwicklung: Wenn nur noch wenige Aktive eine große Anzahl RentnerInnen finanzieren müssen, wird es eng. Mehr dazu liest du hier.
Vorteile:
- Gemeinschaftliche Absicherung: Du befindest dich in derselben Situation wie ein großer Teil der Bevölkerung. Das bedeutet: PolitikerInnen, die eine Wiederwahl anstreben, müssen sich um die Belange dieser Gruppe kümmern, um sie nicht zu benachteiligen.
- Solide Rendite: Mit einer jährlichen Rendite von 2,9 bis 3,6 Prozent nach Steuern (Berechnungen des DIW, veröffentlicht von der Hans-Böckler-Stiftung) bieten die Rentenbeiträge eine vergleichsweise solide Rendite, insbesondere im Vergleich zu anderen sicheren Anlageformen.
- Soziale Komponente: Die Belohnung von Kindererziehungszeiten mit zusätzlichen Rentenpunkten ist ein klares Zeichen für den starken sozialen Charakter unseres Rentensystems. Die Rentabilität für Familien mit Kindern wird so spürbar gesteigert.
Nachteile:
- Eingeschränkte Flexibilität: Ähnlich anderen staatlich geförderten Vorsorgeformen erlaubt die gesetzliche Rente keine flexible Handhabung der eingezahlten Beiträge. Eine Einmalauszahlung ist nicht möglich. Du hast nur die Möglichkeit, dir den Gegenwert der Einzahlungen in Form einer monatlichen lebenslangen Rente auszahlen zu lassen.
- Begrenzte Vererbungsmöglichkeiten: Die gesetzliche Rente kommt mit stark limitierten Möglichkeiten hinsichtlich der Vererbung von Ansprüchen. Zudem ist sie tief in der politischen Landschaft verwurzelt. Das bedeutet, dass zukünftige Steuern und Sozialabgaben, die im Rentenalter fällig werden, schwer vorhersehbar sind und somit ein Unsicherheitsfaktor für dich bleiben.
- Hohe Beiträge für Selbstständige: Im Gegensatz zu Angestellten gestaltet sich die Situation bei der gesetzlichen Rente für Selbstständige noch herausfordernder. Du musst die gesamten Beiträge allein tragen, ohne die Unterstützung durch einen Arbeitgeberanteil. Dies kann die finanzielle Belastung erheblich erhöhen und bedarf einer sorgfältigen Planung.
Zum Weiterlesen: Mindestbeitrag zur Rentenversicherung zahlen: Profitieren Minijobber & Selbstständige?
Die Rürup-Rente
Speziell für Selbstständige konzipiert, bietet die seit 2005 existierende Basisrente, benannt nach dem Ökonomen Bernd Rürup, eine steuerlich attraktive Altersvorsorge. Sie richtet sich an alle, die nicht sozialversicherungspflichtig sind und weder eine betriebliche noch eine Riester-Rente beanspruchen können. Im Unterschied zur gesetzlichen Rentenversicherung basiert die Rürup-Rente auf dem Kapitaldeckungsverfahren. Das bedeutet, dass deine Beiträge in eine eigene Kapitalanlage fließen und so dein persönliches Rentenkapital aufgebaut wird.
Übrigens: Seit 2012 gelten auch bei Rürup-Verträgen Unisex-Tarife, d.h. Frauen erhalten eine gleich hohe Rente wie Männer. Vorher haben Lebensversicherungsunternehmen anders kalkuliert: Frauen erhielten bei gleichem Anfangsbetrag geringere Renten, da sie eine höhere statistische Lebenserwartung haben.
Vorteile:
- Hohe Flexibilität für Selbstständige mit schwankendem Einkommen: Hohe Einzahlungen in guten sowie reduzierte oder pausierte Beiträge in schlechteren Geschäftszeiten sind möglich.
- Steuerliche Förderung: Beiträge bis zu einem Höchstbetrag sind steuerlich absetzbar, was besonders in Jahren mit hohem Einkommen steuerliche Vorteile bringt. Auch Zusatzbausteine wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung sind steuerlich begünstigt.
- Steuerersparnis durch nachgelagerte Besteuerung: Die Rürup-Rente ermöglicht es, insbesondere für Selbstständige mit hohem Einkommen, erhebliche Steuern zu sparen, während gleichzeitig für das Alter vorgesorgt wird. Die Flexibilität der Einzahlungen – mehr in wirtschaftlich starken, weniger in schwächeren Jahren – unterstützt ein dynamisches Vorsorgekonzept, das sich dem individuellen Geschäftserfolg anpasst.
- Unpfändbarkeit und Hartz-IV-Sicherheit: Das angesparte Kapital wird nicht auf ALG II angerechnet, was zusätzlichen Schutz in finanziellen Notlagen bietet.
Nachteile:
- Eingeschränkte Verfügbarkeit: Eine Kapitalauszahlung ist nicht möglich; stattdessen erfolgt die Auszahlung ausschließlich als lebenslange Leibrente ab frühestens 62 Jahren.
- Unvererbbarkeit und Inflexibilität bei der Vertragsgestaltung: Der Vertrag kann nicht gekündigt, beliehen, verschenkt oder vererbt werden, was die Handlungsmöglichkeiten stark einschränkt.
- Besteuerung der Rentenzahlungen: Obwohl Beiträge in der Ansparphase steuerlich begünstigt sind, müssen die Rentenzahlungen in der Auszahlungsphase versteuert werden, wobei der steuerpflichtige Anteil je nach Rentenbeginn zwischen 80 % und 100 % liegt.
Private Rentenversicherung
Neben der Rürup-Rente bieten Versicherungen ein breites Spektrum an Produkten für die private Altersvorsorge an. Sie reichen von klassischen privaten Renten- und Lebensversicherungen bis hin zu fondsgebundenen Rentenversicherungen, die eher einem Fondssparplan ähneln und ein höheres Anlagerisiko mit sich bringen. Die Wahl des Produktes hängt stark von den individuellen Präferenzen hinsichtlich Flexibilität, Renditeerwartung und Kosten ab.
Vorteile:
- Garantierte Mindestrente bei klassischen Produkten: Klassische private Rentenversicherungen bieten eine lebenslange Rente oder eine Einmalzahlung bei Rentenbeginn, die mindestens der garantierten Mindestsumme entspricht, aber je nach Erfolg des Versicherers auch höher ausfallen kann.
- Möglichkeit der Kapitalanlage in Fonds: Fondsgebundene Rentenversicherungen bieten die Chance auf höhere Renditen, indem sie Beiträge in Fonds investieren. Allerdings übernimmst du als Versicherungsnehmerin das Anlagerisiko.
Nachteile:
- Hohe Kosten und mäßige Renditen bei vielen Produkten: Besonders klassische Rentenversicherungen bringen oft nur mäßige Renditen – und das bei häufig hohen Kosten und regulatorischen Einschränkungen.
- Steuerliche Vorteile eingeschränkt: Die Zeiten, in denen private Rentenversicherungen steuerlich besonders attraktiv waren, sind größtenteils vorbei.
- Eingeschränkte Flexibilität und Vererbbarkeit: Die Möglichkeiten, in der Anspar- oder Auszahlungsphase Anpassungen vorzunehmen, sind begrenzt. Auch die Vererbbarkeit des angesparten Kapitals ist je nach Vertrag nur teilweise gegeben.
Private Vorsorge mit ETF-Sparplänen
ETF-Sparpläne stellen eine immer beliebtere Form der privaten Altersvorsorge dar, besonders für diejenigen, die Wert auf Flexibilität, niedrige Kosten und die Möglichkeit zur Partizipation an der Entwicklung der globalen Aktienmärkte legen. ETFs (Exchange Traded Funds) bilden die Performance eines Index, wie beispielsweise den DAX oder den S&P 500, ab und ermöglichen es AnlegerInnen somit, in ein breites Portfolio von Wertpapieren zu investieren.
Vorteile:
- Kosteneffizienz: ETFs zeichnen sich durch vergleichsweise niedrige Verwaltungsgebühren aus, da sie einen Index nachbilden.
- Flexibilität: Sparpläne können jederzeit angepasst, pausiert oder beendet werden, ohne dass hohe Kosten anfallen. Zudem ist die Höhe der Einzahlungen flexibel gestaltbar.
- Diversifikation: Durch die Investition in einen ETF, der einen Index abbildet, investierst du automatisch in eine Vielzahl von Unternehmen. So streust du das Risiko im Vergleich zu Einzelaktieninvestments.
- Transparenz und Liquidität: ETFs sind börsengehandelt, du kannst sie also täglich handeln. Zusätzlich kannst du das gesamte Portfolio jederzeit einsehen.
Nachteile:
- Marktrisiko: Eine Investition in ETFs unterliegt den Schwankungen der Märkte. In wirtschaftlich schlechten Zeiten kann daher auch der Wert deiner ETF-Anteile sinken.
- Keine garantierte Rendite: Im Gegensatz zu einigen klassischen Rentenversicherungsprodukten gibt es keine Garantie auf eine Mindestrendite.
- Steuerliche Behandlung: Erträge aus ETF-Investitionen sind steuerpflichtig. Es gilt, die Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge sowie etwaige Freibeträge im Blick zu haben.
Einen guten Einstieg ins Thema „ETF“ bietet dir unser ETF-Guide.
herMoney Tipp
Genau wie bei der Geldanlage gilt: Nicht alle Eier in einen Korb legen. Wer clever ist, verteilt sein Geld also über verschiedene Altersvorsorge-Instrumente. Damit am Ende des Geldes nicht zu viel Monat übrig ist, musst du natürlich wissen, wie viel Geld du im Alter brauchst.
Disclaimer: Alle Angaben sind ohne Gewähr. Trotz sorgfältiger Recherche kann herMoney keine Haftung für die Vollständigkeit und Richtigkeit übernehmen. Der Artikel dient lediglich der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar.